Seite:Oberamt Leutkirch 097.png

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Der Müller von Oberroth wurde enthauptet, Florian aber hatte sich schon früher eines Mordes wegen vor seinen eigenen Leuten in die Schweiz flüchten müssen, von wo an nichts mehr von ihm verlautete. – Ungeachtet dieser Zerrüttungen erholte sich jedoch die Gegend bald wieder, und man kann wohl mit Grund behaupten, daß sie in Hinsicht auf Gewerbe, Handel, Wohlstand und Stärke der Bevölkerung im 16ten Jahrhundert ihren höchsten Flor erreichte, welchen aber im 17ten der 30jährige Krieg auf die traurigste Weise und für lange Zeit zernichtete. Schon in den ersten Jahren desselben verließen gegen 2000 Einwohner diese Gegend (im Jahr 1623), und zogen nach Österreich und Ungarn, von welchen über 100 durch Fahrlässigkeit der Schiffleute zwischen Ulm und Elchingen in der Donau ertranken. In den Jahren 1632 und 33 war die Gegend selbst der Kriegsschauplatz, wo besonders die Schweden bis zu ihrem Abzug nach der Nördlinger Schlacht ihren Aufenthalt mit Raub, Brand und Unmenschlichkeiten bezeichneten. Neue Einfälle und Mißhandlungen, nicht geringer als die früheren, erfolgten noch in den letzten Jahren des Krieges. Hunger und Seuchen, die natürlichen Folgen dieses Jammers, wütheten hier wie nicht leicht anderswo. Namentlich starben in den Jahren 1634–35 mehrere Ortschaften fast gänzlich aus, und als der Friede wieder hergestellt war, lag die ganze Gegend so verödet, daß es an Händen gebrach, um die Felder auch nur nothdürftig bebauen zu können. In der Herrschaft Zeil z. B., welche 1620 über 1500 Unterthanen gezählt hatte, fanden sich 1648 deren noch 230. Mehrere kleine Orte standen von allen Einwohnern verlassen. Die Herrschaften und Klöster schickten Werber auf die Landstraßen und in die Schweiz und boten theils unentgeldlich, theils gegen einen unbedeutenden Ehrschatz ganze Hofgüter mit einer Abgabenfreiheit von 3–10 Jahren an. So kamen mehrere Schweizerfamilien in den Besitz von Höfen, deren Nachkommen sie noch inne haben. Im Zeil’schen konnte ein einwandernder Bauer gegen

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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta. 1843, Seite 097. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_097.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)