Seite:Oberamt Leutkirch 136.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nachdem die Stadt von den Montfort sich gelöst und mit dem Blutbann das letzte noch fehlende Attribut einer freien Reichsstadt erworben hatte, ordnete sie ihre Verfassung und Regierungsform, wie sie in der Hauptsache bis zur Aufhebung ihrer Unabhängigkeit bestanden hat. Es waren drei Kollegien, Rath, Gericht und Gemeinde. Der Rath bestand aus zwei, jährlich abwechselnden Bürgermeistern, dem Stadtammann, drei Geheimen und neun Rathsherren. Dem Rath war ein Rechtskundiger mit einem Votum deliberativum zugeordnet. Das Gericht zählte 12 Personen, außer dem präsidirenden Stadtammann; es hatte über Schuld- und Gantsachen zu erkennen. Die Gemeinde bestand aus 10 Bürgern, die aber nur zu der jährlichen Wahl und in besondern wichtigen Fällen beigezogen wurden. Patriciat war keines vorhanden. Der Charakter der Verfassung war, wie in allen ähnlichen Städten, eine Mischung von Aristokratie und Demokratie; doch letztere in so fern überwiegend, als kein Patriciat bestand, und der Rath von den vier, später acht Zünften, worunter die Weberzunft die stärkste war, gewählt wurde.

Auf Kreistagen hatte Leutkirch die 21ste, auf der schwäbischen Städtebank die 28ste Stelle. Der Reichsmatrikular-Anschlag betrug zuletzt 21 fl., ein Kammerziel 42 Rthlr. 19½ kr. Der Kreisanschlag 14 fl. Das Kontingent 6 Mann zu Fuß, 1 zu Pferd.

Rings von den Orten der freien Haide umgeben, konnte Leutkirch keine auswärtigen Erwerbungen machen, sondern blieb auf seine Markung und die Nahrungsquellen beschränkt, welche aus der Feldökonomie und besonders in früheren Zeiten aus der Leinwandfabrikation, auch dem Transit der Güter aus und nach Italien und Tyrol floßen. In Beziehung auf letztere Industriezweige theilte Leutkirch das Schicksal seiner Nachbarstädte, namentlich Isny und Memmingen, in welchen die Weberei und der Handel mit dem Süden im 15. und 16. Jahrhundert in hoher Blüthe standen, aber seit ihrem Herabkommen sich nie wieder

Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_136.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)