Seite:Oberamt Leutkirch 258.png

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Pfarrsprengel Hauerz besteht seit alten Zeiten kein Naturalbezug der Zehenten mehr. – Dieser Bezirk ist ein alter Bestandtheil der Grafschaft Zeil, der 1604 mit Wurzach auf den Antheil des Truchseß Froben, und bei der letzten Theilung vom Jahr 1675 an die Wurzacher Linie fiel. Er bildete das Gericht Hauerz und kam mit dem Fürstenthum Wurzach 1806 unter Württemb. Landeshoheit.

1) Hauerz, katholisches Pfarrdorf mit 395 Einw. Auf der Markung liegen noch die Neben-Parzellen: a) Buch, 2 Häuser mit 31 Einw. b) Engelsberg, 2 Häuser mit 8 Einw. c) Samgraben, Hof und Haus mit 15 Einw. d) Weidet, Weiler mit 45 Einw. Auch gehört hieher die Parzelle Nr. 16. Unterhalden, Hof mit 29 Einw.

Hauerz, früher häufig Hawartz geschrieben, ein weitläufig gebauter Ort, liegt nicht sehr freundlich und ziemlich beengt im Thälchen des Sendener Baches, an der Vicinalstraße von Wurzach nach Roth, 2¼ geom. Stunden von ersterem Ort und 4½ von Leutkirch entfernt. Die Pfarrkirche zum h. Martin liegt auf einer nicht bedeutenden aber steilen Höhe über dem Dorf; sie ist erneuert, aber an sich sehr alt und an einen noch älteren Thurm angebaut, den man, wiewohl nicht mit überwiegenden Gründen, für einen alten römischen Wartthurm ausgibt. Eine Warte mag er nach seiner Bauart und Lage immerhin gewesen seyn, da sich von seiner Höhe eine sehr weite Aussicht (wie man behaupten will, selbst bis nach Ulm) darbietet. Man versucht selbst den Namen des Orts von dieser „Hohen Warte" (Hohwart, Hauwarts) herzuleiten, was wir dahingestellt seyn lassen. Die Pfarrei gilt für sehr alt und soll schon im 12. Jahrh. bestanden haben. Sie war bis zur Auflösung des Landkapitels Wurzach diesem zugetheilt. Der Kirchenfond besitzt 8000 fl. Kapitalien, 112 Morgen Waldung und 5 Lehenhöfe. Das ansehnliche Pfarrhaus ist im J. 1793 neu gebaut worden. Die Baulast hat die Kirchenpflege. Patron der Pfarrei ist der Fürst von Wurzach. – Über den hiesigen Gewerbsbetrieb s. oben. In früheren Zeiten war Hauerz durch eine Bad-Anstalt bekannt, die sich eines bedeutenden Zuspruchs erfreute, in neuern Zeiten aber in Abgang kam.[1] Noch ist der


  1. Man hat ein kleines Schriftchen, unter dem Titel: Vermerkung der neuen Prob-Curen des vortrefflichen Gesund- und Badwassers zum (sic) Hawartz, in der Grafschaft Zeyhl-Wurtzach gelegen, welche Anno 1703 und 1705 neben andern unzahlbaren gemeinen Curen nach gründlicher Examination wahrhafft erfunden und annotiret worden. Getruckt zu Altdorff genannt Weingarten im Jahr 1705. 8. – in welchem Besucher aus verschiedenen, auch entlegeneren Gegenden Oberschwabens aufgeführt sind, die fast sämmtlich an Gliederkrankheiten, Leberleiden und äußern Schäden litten und hier ihre Heilung gefunden haben wollten. Nach einer Mittheilung der Fürstl. Domänencanzlei in Wurzach ist ein im Jahr 1748 von drei Ärzten gemeinschaftlich gestelltes Arbitrium vorhanden, in welchem sich dieselben dahin aussprechen: „daß gedachtes Hauerzer Wasser vermöge seiner Leichtigkeit und Reinigkeit, auch seines übrigen Gehaltes wegen dem Wild-, Töplitzer- und Schlangenbad meistentheils gleichkomme, mit dem einzigen (?) Unterschied, daß das Wildbad von der Quelle warm komme, dieses aber erst warm gemacht werden müsse.“
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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_258.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)