Seite:Oberamt Ravensburg 029.jpg

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Kleidung sind wie wir sie schon früher kennen gelernt haben. Jeder Bauer hat sein Bernerwägelchen, und geht auch bei kleineren Reisen selten zu Fuße. Die Kleidung der Weibsleute zeichnet sich durch bunte Farben, Zitz und Seide aus, ihr Kopfputz besteht in Gold- und Silberhauben, deren eine öfters 10–25 fl. kostet. Außerdem ziert manches Bauernmädchen seine Brust mit einer schweren, silbernen Kette, Regenschirme, hier Regendächer genannt, sind allgemein eingeführt.

Zu den gewöhnlichen Vergnügungen des Volkes gehören Scheibenschießen und Kegelschieben, an welch letzterm selbst das weibliche Geschlecht Theil nimmt. Besonders großer Aufwand wird bei Hochzeiten gemacht. Auf die Hochzeiten folgen am Sonntag darauf und später noch die sogenannten „Hochzeitschenken,“ welche in Tanz und Zechen bestehen. Es wird dabei nicht geschenkt, sondern bloß etwas mehr Zeche bezahlt, was den Verheiratheten zu Gut kommt. Nur Verwandte geben eigentliche Hochzeitsgeschenke; diese aber sehr bedeutend. Die s. g. Hochzeitschenken werden mehrmals in den verschiedenen Wirthshäusern oft noch 1/4 Jahr nach der Hochzeit wiederholt. Daher kommt es auch, daß z. B. in Altdorf selten ein Sonntag vorübergeht, an welchem nicht öffentliche Tanzmusik statt findet. Das Übermaß solcher Tänze und Trinkgelage veranlaßte schon früher beschränkende Verbote, welche im Jahre 1829 wieder erneuert werden mußten. Eine alte Volkssitte waren hier auch die beiden in manchen Gegenden noch jetzt bestehenden, Feuerfeste, das Johannis-Feuer und das Funken-Feuer, oder der Funken-Sonntag. Jenes wurde am Tage Johannis d. T., dieses am Sonntag nach Ascher-Mittwoch gefeiert. Sie bestanden darin, daß auf den Bergen große Feuer angezündet und bei diesen Tänze und jugendliche Turn-Übungen gehalten wurden. S. auch O. A. Saulgau S. 49. Gegen diese Feuertänze, als einen Überrest des Heidenthums, eiferte schon die Constantinop. Kirchenversammlung im J. 680, gleichwohl erhielten sie sich bis auf die neueste Zeit; noch im J. 1833 sah sich das Oberamt Ravensburg veranlaßt, die Verbote derselben zu erneuern.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_029.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)