Seite:Oberamt Ravensburg 056.jpg

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Badstuben-Zinse, Branntwein-Jahres-Gelder u. s. w., sind dem oben angedeuteten kaiserlich Landvogteischen Bestreben entwachsen, die Rechte des Souverains auf niedergerichtliche Unterthanen zu bekunden. Schutz- und Schirm-Gelder bezogen früher Ravensburg, die Landvogtei, doch nicht von Juden, deren die letzten drei Jahrhunderte keinen einzigen im Bezirk angesiedelten sahen. Wie dieser Landvogtei aus allen Gauen des alten Allemanniens Gefälle verschiedener meist staatsrechtlicher Titel bis zu ihrem Erlöschen zuflossen, und wie besonders ihre Finanz-Zoll-Politik zur Plage ihrer vielen Nachbarn wurde, ist an einem andern Orte erwähnt.

Ablösungen kamen bis jetzt nicht häufig vor; die schon berührten Verhältnisse, die Macht der Gewohnheit, die an die Grundlagen geknüpfte geringere Steuerlast und andere Vortheile wirkten viel stärker, als alle für die Ablösung sprechende Gründe.[1]

Allodificationen, oder wie sie die Bauern sehr richtig nennen, Eigenkaufungen kamen dagegen sehr häufig vor, und es ist in den letzten Jahren eine große Anzahl von Fallehen in zinsbares Eigenthum verwandelt worden.

Die Zehnten haben theils der Staat, theils die Grundherren, die Kirchenfabriken und Pfarrstellen zu beziehen. Die Fruchtzehenten des Staats sind meistens in längeren Zeitpacht gegeben. Der Ravensburger Weinzehnte ist durch die Betriebsamkeit des Stadtraths in eine feste Geldabgabe verwandelt. s. h.

  1. Einen merkwürdigen Beitrag zur Geschichte der Gefälle-Ablösungen liefert eine Urkunde des K. Ludwig des Deutschen vom 17 August 867. Nach ihr hatten die Allemannen ein Gesetz, „Phath“ genannt, wohl das älteste Ablösungs-Gesetz, wonach ihnen das Recht zustand, den jährlichen Census, Grundlast, den sie zu entrichten hatten, um einen bestimmten Preis abzukaufen. Eine Anzahl von Bewohnern des Argengaues, welche dieses Recht nicht hatten, bitten nun durch den Gaugrafen Ulrich und den K. Kammerboten Hildebold den König, daß er auch ihnen dieses Gesetz verleihen möchte, daß sie den jährlichen Zins ablösen, den ihre Vorfahren bisher zur K. Kammer entrichtet haben. Der König bewilligt die Bitte und empfängt dagegen 9 Mansus mit den dazu gehörigen Leibeigenen. Neugart C. D. No. 445.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_056.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)