Seite:Oberamt Reutlingen 100.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wie andere schwäbische Städte; doch nicht ganz selten die Ehre Kaiserlicher Besuche. Im Jahr 1360 kam Kaiser Karl IV. dahin, und verweilte 14 Tage, um die Angelegenheiten Schwabens in Ordnung zu bringen. Auch Kaiser Friedrich III. ließ sich nicht abhalten, die Stadt zu besuchen, ungeachtet sie sich die Ehre verbeten hatte, und sein Sohn Maximilian I. verweilte mehr als Einmal daselbst.

Als Reichsstadt nahm Reutlingen an allen wichtigern Begebenheiten, besonders auch an den verheerenden Städtekriegen Theil. Eine Hauptrolle aber spielte es in der Reformationsgeschichte. Es war die erste Stadt in Schwaben, welche sich zu der lutherischen Lehre bekannte, und schon im Jahr 1513, noch ehe Luther öffentlich auftrat, wurde hier der Anfang zu einer Kirchenverbesserung gemacht. Die erste Veranlassung gab die Unzufriedenheit mit den schlechten Geistlichen, welche die Stadt von ihrem Patronatsherrn, dem Abt zu Königsbronn erhielt, besonders mit ihrem sittenlosen Stadtpfarrer Peter Schenk. Da keine Beschwerden fruchteten: so berief die Stadt im Jahr 1519 einen jungen Theologen, den nachmals so berühmten Dr. Matthäus Alber (zu seiner Zeit Aulber ausgesprochen), eines Goldschmids Sohn von Reutlingen, von der Universität Tübingen zurück, und stellte ihn als Prediger bey der Pfarrkirche an. Alber hatte in Tübingen Luthers Lehren kennen gelernt, er predigte öffentlich und in häuslichen Lehrstunden im Geiste derselben. Die Gemüther waren vorbereitet und die neue Lehre fand überall Eingang. Zwar widersetzte sich der Abt von Königsbronn aus allen Kräften und bewirkte sogar, daß Alber und die Stadt in den Bann gethan wurden und letztere überdieß noch in die Reichsacht erklärt wurde: allein aller Widerstand war vergeblich. Nach Eßlingen vor das

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Reutlingen. Stuttgart und Tübingen: , 1824, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Reutlingen_100.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)