Seite:Oberamt Reutlingen 101.jpg

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Reichsgericht geladen, zog Alber i. J. 1524 unter dem Geleite einer Schaar bewaffneter Reutlinger dahin, vertheidigte sich dort siegreich über 68 ihm vorgelegte Punkte, und läugnete nur die eine Beschuldigung, daß er die heil. Mutter Gottes verlästert und sie eine Lohnwäscherin genannt habe. Das Reformationswerk ging von nun an mit schnellen Schritten vorwärts. Im Jahr 1526 schickten die Reutlinger Abgeordnete an Luther und diese brachten von ihm ein Schreiben an Alber und „an alle liebe Christen in Reutlingen“ zurück.

Im Jahr 1529 trat die Stadt auf dem Reichstag zu Speyer unter den protestirenden Ständen auf, und zu Augsburg genoß sie nebst Nürnberg die Ehre, die Augsburgische Confession zu unterzeichnen.

Reutlingen hatte manche schwere Schicksale. Im Jahr 1247 wurde es von dem Gegenkönig Heinrich dem Thüringer, der sich an der Stadt für ihre Anhänglichkeit an Kaiser Friedrich II. rächen wollte, mit einer harten Belagerung heimgesucht. Heinrich mußte jedoch unverrichteter Dinge wieder abziehen. Im Jahr 1377 sah sich die Stadt Reutlingen von Graf Ulrich von Würtemberg, dem Sohn Eberhards des Greiners bedrängt; Ulrich wurde aber vor ihren Mauern geschlagen, und entkam mit genauer Noth der Gefangenschaft.

Im Jahr 1502 (nach Beger, und schwerlich 1506) entstand ein Brand bey dem Markte, der 144 Häuser in Asche legte, und 1577 wüthete die Pest in der Stadt so, daß sie innerhalb 4 Monate, vom September bis Januar, 906 Menschen wegraffte. In der Zwischenzeit, im Jahr 1519, lief die Stadt sogar Gefahr, ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Reutlinger Bürger hatten im Jahr 1519 den Würtembergischen Burgvogt von der Achalm in einem Wirthshause der Stadt erschlagen, und da der Magistrat die Auslieferung der Thäter verweigerte, so zog Herzog Ulrich vor die Stadt, nahm sie nach einer kurzen Belagerung ein, und erklärte sie zu einer Würtembergischen Landstadt. Doch dieser Zustand dauerte nicht lange, und hatte für Ulrich die aus der Geschichte von Würtemberg bekannten schlimmen Folgen. Eine harte, beängstigende

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Reutlingen. Stuttgart und Tübingen: , 1824, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Reutlingen_101.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)