Seite:Oberamt Riedlingen 130.jpg

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schön ist, rücksichtlich des Innern, die daran sich anschließende, nach Art einer Basilica gebaute Stiftskirche, jetzige Pfarrkirche, die nach einer Inschrift über dem Chore 1774 neu gebaut, und 1775 ausgeschmückt wurde[1]. Der Thurm ist sehr alt. Der Gasthof, Hofwirthshaus genannt, ist einer der besten in der ganzen Gegend. Ehemals wurden darin Konzerte, Bälle und theatralische Vorstellungen gegeben. Zu dem Stiftsbezirke gehört auch noch ein Hofgarten, der aber jezt verpachtet ist.

Die Stadt selber hat weder Mauern noch Graben. Diese Schutzwehren waren auch durch die von der Natur befestigte Lage der Stadt überflüssig. Zum Zeichen der Stadt steht jedoch an der Dammstraße nach Kappel ein abgesondertes Thor, ein zweytes worauf das Rathhaus erbaut ist, steht auf der Seite des Stifts. Die Anlage der Stadt ist sehr unregelmäßig; die Straßen sind ungepflastert. Die ansehnlichen Gebäude sind das Forsthaus, Freyhof genannt (s. u.) und das Schulhaus. Die Juden waren sonst auf einen besondern Bezirk beschränkt, erst 1821 wurde, unter großem Widerspruche der Christen, 2 Familien gestattet, ein Haus an der Hauptstraße zu bauen. Ungeachtet die Lage des Städtchens sehr ungesund zu seyn scheint, so ist doch die Sterblichkeit darin sehr gering; auf eine auffallende Weise vermehren sich die Juden. S. 56 u. 57. Der Nahrungsstand der Einwohner hat zwar durch die Auflösung des Stifts und nachher die der Fürstlichen Regierung gelitten; dagegen hat er durch die neuerlich errichteten Fürstl. Stellen und das Postamt wieder gewonnen. Die Gewerbe sind jedoch unbedeutend, und ihre Hauptnahrung ziehen die christlichen Einwohner von dem spärlichen Ertrag eines undankbaren Bodens und der Viehzucht. Die Juden nähren sich, wie überall, von Handel aller Art. Eine Fürstliche Buchdruckerey ist in dem Schlosse eingerichtet.


  1. Die Innschrift lautet:Beata Adelindis fundavit circa Ann. DCCLXX. Ludovicus pius augmentavit ao DCCCXX. III. Capitulum reaedificavit MDCCLXXIV, ac decoravit MDCCLXXV.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1827, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Riedlingen_130.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)