Seite:Oberamt Saulgau 211.jpg

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von Herbertingen, mitten in dem obern Donauriede, befindet sich ein auffallender runder Hügel, der Bettelbühl genannt, auf welchem, der Sage nach, ein Schloß gestanden haben und eine der Kirchenglocken zu H. ausgegraben worden seyn soll.

Eine weitere Merkwürdigkeit ist die Ried-Capelle, eine kleine Capelle, welche noch vor kurzer Zeit still und einsam in dem weiten Donauriede auf der Grenze der H. und Hundersinger Markung stand, und zum Andenken an den Erbtruchseßen, Grafen Andreas von Sonnenberg, Herrn zu Scheer, der hier als Opfer unedler Rache gefallen ist, erbaut worden war[1].


33. Hohen-Tengen,

ein kath. Pfarrdorf, 21/2 St. westlich von Saulgau mit 351 Einw. Den großen Zehnten beziehen der Grundherr, der


  1. Es hatte nämlich der Graf Felix von Werdenberg, durch beleidigten Ehrgeiz bey der Vermählung des Herzogs Ulrich zu Stuttgart gereizt, dem Grafen Andreas blutige Rache geschworen. Als nun eines Abends, den 11. May 1511, Andreas mit seinem Caplan und drey Knechten vom Bussen nach Scheer zurückritt, fiel ihn Felix, der ihm mit einer bewaffneten Schaar aufgelauert hatte und zu dem Ende von Heiligenberg herbey gekommen war, an. Andreas war unbewaffnet und suchte sich durch die Flucht zu retten, stürzte aber in dem sumpfigen Riede mit seinem Pferde und wurde nun von Felix und seinen Helfern, obgleich der treue Caplan sich flehend auf seinen Herrn geworfen hatte, ermordet. Der Leichnam des Erschlagenen ward nach Scheer gebracht und auf der blutigen Stätte wurde die kleine Capelle erbaut. Zu der Capelle wurde eine eigene Caplaney zu Herbertingen gestiftet, deren Caplan zum Gedächtniß des Ermordeten wöchentlich eine Messe in der Capelle halten sollte. Allein die Stiftung ward in der Folge mit der Pfarrkirchenpflege vereinigt, die Messen hörten auf, und vor 2 Jahren wurde selbst die Capelle zu großem Leidwesen der Nachbarn und aller Freunde von Denkmählern der Geschichte abgebrochen. Wenige Jahre vor dem Abbruche hatte sich in der Capelle selbst noch eine traurige Geschichte zugetragen. Es hatte nämlich ein Eremite die Capelle zu seinem stillen Aufenthalt gewählt; nachdem er viele Jahre darin gelebt und sein Gärtchen daneben gepflanzt hatte, wurde er eines Tages ermordet in der Capelle gefunden. S. Würt. Jahrbücher 1822. S. 425 u. ff.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Saulgau. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1829, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Saulgau_211.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)