Seite:Oberamt Tettnang 030.jpg

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auch um 8–14 Tage früher als in den nordöstlichen Gegenden des Oberamtsbezirks ein, obgleich sie auch hier früher, als in den meisten andern Landesgegenden eintritt; denn die südlichere geographische Lage verbirgt sich nirgends. In den milderen Bezirken gedeiht der Wein reichlich, auch kommen Mandeln und alle feinere Obstsorten und Gartengewächse fort. Nach den Beobachtungen des Herrn Dr. Dihlmann in Friedrichshafen war die mittlere Temperatur des Jahres 1835 daselbst + 7,22 Grad Reaum.; beinahe eben so hoch, als in Stuttgart, der höheren Lage und der Nachbarschaft des Sees ungeachtet. Im Ganzen sind Boden und Klima der Fruchtbarkeit günstig; nach den Notizen des Herrn Cameralverwalters Freisleben zu Tettnang wird an den zwischen der Argen und dem Bodensee gelegenen Orten nicht selten sogar eine doppelte Ernte gemacht, indem auf Raps und Wintergerste noch Kartoffeln und andere Hackfrüchte folgen. Das Klima ist im Allgemeinen auch gesund, nur an einzelnen Orten, z. B. in Langenargen will man ihm einen nachtheiligen Einfluß zuschreiben, s. u. An dem See wehen viele Winde, die häufig nicht nur stark, sondern auch scharf sind, so lange noch die Gebirge viel Schnee haben. Nachtheilig auf das allgemeine Wohlbefinden, wie auf das Gedeihen der Pflanzen wirkt der warme Südwind, Föhn oder Pfäh genannt, der in der Regel in den Sommermonaten, nicht selten aber auch im Frühjahr und Spätjahr erscheint. Er ist der Sirocco Italiens, der von da bis über die Gegenden des Bodensees sich verbreitet und hier erst erstirbt. Er verursacht Mattigkeit, Abspannung und Kopfweh; erscheint er im Frühjahr bei der Obstbaumblüthe, so verdirbt diese in der Regel, und im Herbste bringt er in wenigen Tagen ein auffallend schnelles Faulen der Weintrauben hervor. Es gibt auch eine kalte Pfäh, welche im Frühjahr häufig Frost und Schneegestöber im Gefolge hat. Gewitter und Wetterschlag sind selten, sie ziehen größtentheils den Schweizerbergen, oder den

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 030. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_030.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)