Seite:Oberamt Tettnang 093.jpg

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Selbst die Montfortischen oder vielmehr Bregenzischen Güter erlangte, denn, wie sich bald zeigen wird, waren es keine andern als diese.

Auf welche Weise aber Hugo zu dem Besitze jener Güter gelangte, diß erklärt sich einfach dadurch, daß seine Gemahlin, mit Namen Elisabeth, eine geborne Gräfin von Bregenz, die Tochter Rudolfs, des letzten Grafen von Bregenz und Chur-Rhätien, und die einzige Erbin desselben war, ultima Brigantiae haeres, wie sie in den Aufzeichnungen des Klosters Mehrerau bei Bregenz genannt wird.[1] Mit ihr erhielt Graf Hugo von Tübingen


  1. Rudolphs Gemahlin war Wulfhild, eine geborene Welf; die Tochter Elisabeth wird daher auch in dem alten Missal des von ihr und ihrem Gemahl neugestifteten Klosters Marchthal als „proles egregii Wulfhild de matre Rudolfi“ bezeichnet. Rudolph schenkte in Gegenwart seiner Gemahlin Wulfhild dem Kloster Ochsenhausen im Jahr 1127 den Ort Füramoos, Oberamts Biberach. In diesem Jahre soll er gestorben seyn. Diß ist jedoch unrichtig, denn er steht noch in einer Urkunde K. Conrad III. vom Jahr 1159 als Graf von Chur-Rhätien (Eichhorn Nr. 44) und in einer Urkunde von 1142 als Graf von Bregenz (Herrgott Nr. 221). Nach dieser Zeit aber kommt er nicht mehr vor.
    Rudolph hatte einer Schwester Namens Elisabeth, die mit einem Grafen von Pfullendorf verheirathet war. Nach einigen Angaben wäre dieser Rudolph Erbe oder Miterbe der Bregenzischen Verlassenschaft gewesen, und hätte darum auch Graf von Bregenz geheißen. Diese Erbfolge ist jedoch ganz unwahrscheinlich und jedenfalls unerweislich. Dagegen scheint die uns von Herrn Prof. Haug mit andern schätzbaren Bemerkungen mitgetheilte Vermuthung sehr viel Wahrscheinlichkeit zu haben, daß die Nichte Elisabeth bei dem Tod ihres Vaters Rudolph von Bregenz noch minderjährig, wenigstens unverheirathet gewesen (die Mutter Wulfhild soll erst 1156 als Nonne gestorben seyn), und Graf Rudolph von Pfullendorf, als ihr Oheim, ihr Vormund und Verwalter der väterlichen Güter geworden sey, in welcher Eigenschaft er auch Graf von Bregenz hätte genannt werden können, ohne Herr von Bregenz gewesen zu seyn, wiewohl er in Urkunden mit einer einzigen Ausnahme immer „Graf von Pfullendorf“ heißt. In diesem Verhältnisse dürfte auch ein Hauptgrund zu suchen seyn, warum der Graf Rudolph in der berühmten Fehde des Herzogs Welf gegen Hugo, den Gemahl der Elisabeth, als einer der ersten Gegner, Theil genommen, und die Marchthaler Annalen führen auch wirklich das strittige Heirathgut von Hugos Gemahlin als Ursache an. Es mag dem Grafen Rudolph um so schwerer gefallen seyn, die Bregenzischen Güter nach der Vermählung seiner Nichte herauszugeben, als er vielleicht selbst Ansprüche darauf zu haben glaubte, und leicht möglich ist es, daß einzelne Stücke in seinen Händen geblieben sind. Wenigstens findet man ihn nach der Vermählung der Elisabeth im Besitze der Schirmsvogtei über das Bisthum Chur, die er freilich um so eher behalten konnte, weil sie Lehen des Bischofs war, siehe oben. Der Graf Rudolph von Pfullendorf starb 1180 ebenfalls als der letzte seines Stamms, seine Erbin war seine Tochter Itta, die mit einem Grafen Albrecht von Habsburg vermählt war. Sein Sohn Berthold war 1166 zu Rom an der Pest gestorben. Über seine Güter hatte Rudolph aber noch bei Lebzeiten zu Gunsten seines Verwandten, des Kaisers Friedrich, in der Art verfügt, daß letzterer dem Grafen Albrecht und seiner Gemahlin dafür Güter im Thurgau überließ.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 093. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)