Seite:Oberamt Tettnang 195.jpg

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Zahl von Schwachsinnigen wahrgenommen. Im Übrigen hat L. doch mehrere ausgezeichnete Männer unter der Pflege der kunstliebenden Grafen von Montfort hervorgebracht, namentlich einen Urb. Regius, Maulbetsch, Brugger, Wocher, Salwirk.[1]


  1. Urbanus Regius (Urban König) machte sich seiner Zeit als Beförderer der Reformation bekannt. Er erhielt seine Vorbildung zu Lindau, von wo er die Universität Freiburg bezog, und im Hause des berühmten Zasius aufgenommen wurde. Von Freiburg ging er nach Basel und von da nach Ingolstadt, wo er Privatvorlesungen hielt. Von seinen Zöglingen daselbst um sein Vermögen gebracht, verkaufte er vollends Alles, was ihm noch blieb, und trat in Militärdienste. Sein Freund und Gönner, der berühmte Theolog Eck, bemerkte ihn zufällig bei einer Musterung, und wirkte seine Freilassung aus. Regius erhielt bald darauf den Lehrstuhl der Rhetorik und Poesie zu Ingolstadt, verließ aber diesen wieder und trat zur lutherischen Lehre über. Von Luther selbst hochgeschätzt, gewann er auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auch das Vertrauen des Herzogs Ernst von Braunschweig-Lüneburg, der ihn als Generalsuperintendenten und Hofprediger mit in seine Lande nahm, wo er 1541 zu Celle starb. Seine Schriften wurden in zwei Folianten zusammengedruckt.

    Anton Maulbetsch, K. K. Kammermaler zu Wien, ein vorzüglicher Fresco-Maler des vorigen Jahrhunderts, von dem uns aber nähere Notizen abgehen.

    Andreas Brugger, Maler, geboren in dem nahen Kreßbronn 1737, gestorben zu Langenargen 1812, wo er Bürger und ansäßig war. Er war der Sohn des Bauers Joh. Brugger. Graf Ernst von Montfort schickte ihn nach Wien zu Maulbetsch, dessen Unterricht er genoß. Von da ließ ihn der Graf nach Rom gehen, wo er mehrere Jahre zubrachte und einen Preis errang. Das schöne Ölgemälde an dem St. Martinsaltar zu Langenargen, die Deckengemälde in den Kirchen zu Rorschach, Tettnang, Gattnau und an mehreren andern Orten sind seine Werke. Er war unverheirathet.

    Christoph Wocher, geboren 1749, Sohn des Schiffers Joh. Wocher, Münzgraveur. Er begann seine Laufbahn noch in dem Montfortischen Münzamte zu L.A., kam von da in die Münze nach Mailand, wo er sich vortheilhaft auszeichnete, jedoch von seinem Schüler und Neffen Salwirk bald übertroffen wurde und 1821 starb.

    Joseph Salwirk, Münzdirektor in Mailand, geboren 1761 zu Mollenberg bei Neukirch, wo sein Vater gräfl. Montfortischer Jäger war. Er war also wie Brugger kein geborner Langenarger, kam aber, da sein Vater frühzeitig gestorben war, schon als Knabe mit seiner Mutter, einer gebornen Wocher von Langenargen, dahin. Nach einigen Jahren wurde er zu dem Bruder seiner Mutter, dem vorgenannten Münzgraveur Wocher, nach Mailand geschickt, genoß dort dessen Unterricht und machte so ausgezeichnete Fortschritte in seiner Kunst, daß er in der Münzanstalt schnell von einer Stufe zur andern vorrückte, und am 4. Juli 1808 zum Münzdirektor in Mailand ernannt wurde. Er starb daselbst unverheirathet 1819, und hinterließ seinen Verwandten in Langenargen ein bedeutendes Vermögen. Von ihm und unter ihm wurden die vortrefflichen Münzen gefertigt, die von der Mailänder Münzstätte ausgingen. Seine Büste wurde in dem Münzgebäude neben der von andern ausgezeichneten Künstlern aufgestellt.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_195.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)