Seite:Oberamt Waldsee 155.png

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Der Boden ist fruchtbar und die Einwohnerschaft größtentheils wohlhabend. Neben Ackerbau und Viehzucht wird Fruchthandel und Mousselin-Stickerei getrieben. Der Ort hat 2 Schildwirthschaften, eine Kirche, einen Pfarrhof und eine Schule. Die Kirche ist die älteste des Oberamtsbezirks, so weit deren Daseyn urkundlich nachgewiesen werden kann. Sie wird schon im Jahr 805 mit der Kirche auf dem Bussen und am See von den Grafen Chadaloch und Wago dem Kloster St. Gallen geschenkt, und hier die Kirche im Heistergau (Heistilingauwe) genannt, s. S. 70. An dem Hauptbalken des Glockengestells findet sich die Jahrszahl 1115. Die Baulast liegt dem Zehentherren ob. Das schloßartige Pfarrhaus wurde von der Abtei Roth 1736 neu aufgebaut; es ist mit einem schönen Obst- und Gemüse-Garten verbunden. An der Kirche ist außer dem Pfarrer auch ein Caplan angestellt, s. Heidgau. In die Pfarrei gehören außer den Orten des Gemeindebezirks auch Heidgau mit Brandhöf, Ehrensberg, Wengen, ferner Graben. Ehemals gehörten auch die Kirchen Molpertshaus und Mühlhausen nebst den Orten Gwigg und Ziegolz dahin; s. bei diesen Orten. Die Kirche hatte somit einen sehr großen Sprengel, der sich fast über den ganzen Bezirk des alten Heistergaues oder der nachherigen Herrschaft Waldsee ausgedehnt hat, welche letztere ursprünglich außer der schon frühe davon getrennten Stadt Waldsee einzig in dem Gerichte Heisterkirch bestanden hat.[1] Als ein Bestandtheil der Herrschaft Waldsee, kam H. 1331 an das österr. Haus. S. 73. Kirche und Kirchensatz gingen von ihm an die Schenken Ulrich und


  1. Die Übereinstimmung des Herrschaftsbezirks Waldsee mit dem alten Heistergau ist schon oben S. 70, 92 bemerkt worden. Wir fügen hier noch bei, daß die dort erwähnte Grenzbezeichnung des Heistergauer Forsts die Orte Hittisweiler, Ober-Urbach und Volkertshaus, welche zu der Herrschaft Winterstetten gehörten, von dem Bezirk ausschließt, den Ort Zuben aber, welcher zwischen den Herrschaften Waldsee und Eberhardszell getheilt war, durchschneidet. Auch verdient noch bemerkt zu werden, daß die Heistergau-Orte noch jetzt vom Pflastergeld in Waldsee befreit sind.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Waldsee. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1834, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Waldsee_155.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)