Seite:Oberamt Wangen 218.jpg

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sie in den Händen der Stadt Lindau. Während dieser Zeit, wahrscheinlich im Bauernkriege, wurde das Schloß niedergebrannt und lag mehrere Jahre in Trümmern. Während noch 1351 eine Urkunde von der Stadt[1] Neuravensburg spricht, sagt die Verkaufsurkunde vom Jahr 1451: „Burg, Burgstall, Dorf und Herrschaft Neuravensburg.“ Abt Joachim überließ 1586 die Herrschaft der Stadt Wangen zur Auslösung von Lindau, um 25.190 fl. Weil dieser Kaufschilling weit unter dem wahren Werth des Objekts zu stehen schien, focht Abt Bernhard 1604 den Kauf als ungültig vor dem Kammergericht in Speyer an. Der Streit wurde durch Abt Georg von Weingarten 1608 dahin vermittelt, daß St. Gallen die Herrschaft wieder herausbekam, an Wangen aber den von Abt Joachim bezogenen Kaufschilling bis auf 2990 fl. zurückbezahlte und auf seine Rechte und Einkünfte in der Stadt Wangen und deren Gebiet verzichtete. Jetzt erst erhob sich das Schloß Neuravensburg wieder aus seinem Schutt, indem Abt Bernhard 12.958 fl. auf seinen Wiederaufbau verwendete. Sein Nachfolger acquirirte für die Herrschaft das Dörfchen Untermooweiler, s. d. Das Stift hatte sich, während Lindau und Wangen im Besitz von Neuravensburg waren, die Patronat- und geistlichen Rechte, so wie die Landeshoheit vorbehalten; letztere wurde 1699 den Grafen von Montfort-Tettnang pfandweise überlassen, aber 1772 wieder ausgelöst und von St. Gallen bis 1803 ausgeübt. Die hohe und forstliche Obrigkeit nebst der Jagd war Montfort schon durch Vertrag von 1615 zuständig. Untermooweiler war zur Ritterschaft kollektabel und stand unter österreichischer hoher Gerichtsbarkeit. Das Stift zahlte jährlich für die Herrschaft an die schwäbische Kreiskasse ein Aversum von 720 fl. Durch den Reichsdeputationsreceß vom J. 1803 erhielt der Fürst Johann Baptist von Dietrichstein die ganze Herrschaft als Entschädigung für die von ihm an die helvetische Republik abgetretene Herrschaft Trasp in Graubündten, und da der Fürst die letztere von Österreich zu Lehen getragen hatte, ging diese Eigenschaft laut Lehenvertrags vom 1. Februar (ratif. den 26. ej.) 1804 auf Neuravensburg so über, daß der Fürst diese Herrschaft als ein rechtes österreichisches Mannslehen und die vollkommene österreichische Territorialhoheit über dieselbe, die jura praesidii, armorum, aperturae, sequelae, das Zollregale und die Straßenjurisdiktion anerkennt, wie Österreich alle diese Rechte über Trasp besessen. Als Aversum zur schwäbischen Kreiskasse zahlt der Fürst 720 fl. an das Rentamt der Grafschaft Montfort; die fürstliche Reichstagsstimme wird durch


  1. Noch jetzt trägt ein Distrikt, aus Baumgut, Ackerland und Wiese bestehend, den Namen „die alte Stadt.“
Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_218.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)