Seite:Oberamt Welzheim 192.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

1 Viehmarkt (oben S. 76 u. 81) verbunden ist. Zu den zwei neuern erhielt sie 1831 und 1832 die Berechtigung. Unter dem dermaligen Ortsvorsteher Bareiß hat sich die Gemeindeverwaltung sehr gehoben, welcher deßhalb auch 1836 ausgezeichnet und wegen Förderung der Reinlichkeit in Straßen und Gassen 1841 öffentlich belobt worden ist. Im Jahre 1820 hatte die Gemeinde 8271 fl. Schulden und mußte alljährlich 900–1000 fl. Gemeindeschaden umlegen; dieser hat in neuester Zeit ganz aufgehört und an die Stelle der Schulden ist ein Kapitalvermögen von nahe 16.000 fl. getreten. Gleichwohl sind seit 1827 auf Brückenbau 3000 fl., auf das neue Schulhaus 8000 fl., auf das Rathhaus 1200 fl., auf Ablösung der Frohnen 500 fl., auf Herstellung der Güterwege 3000 fl. und auf Herstellung der Kirche 6000 fl. verwendet worden. Zur Bewirthschaftung der 500 Morgen großen Waldungen ist ein eigener Forstmann aufgestellt. Bemerkenswerth ist, daß Lorch am 26. Nov. 1718 das Recht auf mehrere Zunftladen erhalten hat, daher sich hier noch jetzt die Zünfte dieser Handwerker des Bezirkes befinden. Außer der Stiftungspflege ist noch eine Almosenpflege in örtlicher Verwaltung. An alten Stiftungen ist jene eines Abtes hervorzuheben, wonach in früheren Zeiten am grünen Donnerstag jedes Kind aus dem Dorfe, „das des Herrn Abendmahl noch nicht empfangen, vnd herbeigetragen worden, 1 Pfennig, 1 Schüssel voll Musmehl vnd 1 Brot“ und die Weiber ebenfalls Brod und Musmehl erhalten hatten, bis 1584 statt dessen jährlich 10 Schffl. Roggen, 40 Schffl. Dinkel und 10 Schffl. Haber abzugeben befohlen ward. Nach einer andern vom Abt Schenk von Arberg herrührenden Stiftung hatte die reiche Almosenpflege Gmünd hiesigen Armen für ihre Kinder jährlich 4 fl. 13 kr. „Schuhgeld“ und am Nicolaustag 20-30 Ellen schwarzes Tuch abzureichen. Bis 1821 reichte der Staat die oben S. 86 erwähnten Gegenleistungen wegen des Fastnachtsküchleins und Martinsweins.

Die Geistlichen sind 1 Pfarrer und 1 Helfer. Das Patronat ist wegen des Klosters königlich. Der Pfarrsprengel ist sehr groß, indem er fünfzig Filialien zählt. Bis 1826 gehörten auch Pfahlbronn und Rienharz und bis 1834 Adelbergerbrech und Pöppelenshof in denselben. An den hiesigen 4 Schulen stehen 2 Schulmeister und 2 Gehilfen, an der vielbesuchten Industrieschule 2 Lehrerinnen. Die Schule bestand schon zur Zeit der Reformation. Die Kleinkinderbewahranstalt wurde 1839, die Sonntagsgewerbeschule 1844 errichtet. Der Begräbnißplatz liegt um die Kirche her. Eine Badstube im Dorfe bestand noch vor 200 Jahren. Als sie 1521 verliehen ward, hatte der Meister Bader die Pflicht, alle Samstag und Aftermontag den Abt und alle Freitag alle Conventherren zu „zwagen vnd zu scheren,“ alle 3 Wochen „ein gemein Conventbad,“

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_192.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)