Seite:Odenwald (Grimm) 019.jpg

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Aber auch die in Michelstadt gestiftete Zelle (Cella) rührt ohne Zweifel von ihm her. Da eine solche Zelle der Aufenthalt weniger Mönche war, die von einem grössern Kloster entweder zur Erhebung der Einkünfte, oder auch um kirchlicher Zwecke willen dahin versetzt wurden, so ist zu vermuthen, dass diese Stiftung in die Zeit fällt, als Eginhard dem Kloster Lorsch das Obereigenthumsrecht über Michelstadt zu übertragen beabsichtigte. Denn vorher heisst es nur der Ort, später aber die Zelle Michelstadt. In der Folge kamen mehrere Mönche hierher, und es bildete sich hier eine Probstei, die von Lorsch abhängig war.

Uebrigens war Michelstadt schon im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts nach damaliger Weise mit Mauern und Thürmen befestigt, und ward eine Burgfeste genannt, die ihre eigene Burgmänner hatte. Als solche kommen in Urkunden vor: die von Erlebach, von Rosenberg, Schelme von Bergen, die Herren von Rodenstein und andere.

Die jetzige Kirche, welche wir ihres altehrwürdigen Ansehens wegen in bildlicher Darstellung mittheilen, ist in verschiedenen Zeiten und auf verschiedene Weise wiederhergestellt worden. Wir ersehen diess nicht allein aus dem Baue selbst, sondern auch aus den daran angebrachten Inschriften. Nach einer derselben haben die Schenke Philipp, Georg und Johann zu Erbach im Jahre 1457 den Hauptbau erneuert, und es ist wahrscheinlich, dass unter dieser Renovation das ganze jetzige Langhaus der Kirche gebaut wurde. Vier Jahre darauf erbaute Adolarius, Schenk Georgs Sohn, den Chor, und im Jahre 1507 wurde der Thurm erbaut. Als sich aber im Jahre 1624 auch das Innere baufällig zeigte, doch die Kirchengefälle wegen der Unruhen des dreissigjährigen Krieges nicht beizutreiben waren, wurde eine allgemeine Sammlung dazu veranstaltet, und aus diesen Beiträgen das Ingebäude wieder hergestellt. Schade, dass bei dieser Gelegenheit oder bei einem späteren Verschönerungsversuche einige aus Alabaster gearbeitete Denkmale übertüncht wurden, dass man ihren Werth nicht mehr erkennen kann.

Schneider erzählt in seiner Erbachischen Stammtafel und Historie, von einem an dem nördlichen Ecke des Langhauses der Michelstädter Kirche eingemauert gewesenen Steine, dessen beide sichtbare Seiten den Herkules mit der Keule und Löwenhaut und

Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes in ihrer Vorzeit und Gegenwart. Darmstadt: Carl Wilhelm Leske, 1843, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Odenwald_(Grimm)_019.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)