Seite:Odenwald (Grimm) 024.jpg

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wandelte sich dieser Name in Quintich, Guintich, Küntich und Künnig, bis sich der jetzige daraus bildete. Es ist ein sehr alter Ort, und gehörte zur Hälfte schon längst den Schenken von Erbach als ein Mainzisches Lehen.

Die hochgelegene Kirche hatte einen geräumigen Hof, der mit einer hohen Mauer und darauf ruhenden Gebäuden umgeben, und desshalb wahrscheinlich einer der sogenannten gevehligten Kirchhöfe war. Diese Vermuthung scheint durch den Umstand bestätigt zu werden, dass das Erzstift Mainz sich bei Verleihung des Ortes König doch die Oeffnung des Kirchhofes zum Schutze gegen Feinde vorbehielt. Der alte Thurm der Kirche ward gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts erbaut, und an ihm ist ein Römischer Denkstein eingemauert, auf welchem folgende Inschrift zu lesen ist: D. M. L. SEXTII. VALE.

Bei dem weiter unterhalb liegenden Höchst und noch weiter hinab wendet sich das Mimlingthal gegen Neustadt hin ganz östlich. Diese Stelle ist eine der schönsten des ganzen Thales, und sie wurde nicht ohne Grund einst die Rosenau genannt. Ueber dem Städtchen Neustadt erhebt ein steiler Berg sein Haupt, und oben darauf ragt eine alterthümliche Burg empor. Diese ist der Breuberg, ehedem Braberc, Brieberg, Brennberg und Brumberg genannt. Auch dieser Punkt gehörte zu der odenwäldischen Befestigungslinie der Römer. Winkelmann erzählt, dass man im Jahre 1543 hier ein neues Fundament gegraben und bei dieser Gelegenheit ein Römerbad und zwei Römische Altarsteine gefunden habe. Den einen derselben erkannte man nicht allein an einer oben angebrachten Vertiefung, worin ehemals eine Kugel geruht zu haben schien, für einen der Glücksgöttin geweihten Altar, sondern die Inschrift FORTVNAE SACRVM. L. CVRIRITIV – VRSINVS bestätigte ihn auch als solchen. Der andere trug auf den vier Seiten vier erhabene menschliche Figuren, wahrscheinlich die Bilder Römischer Gottheiten, die jedoch nicht gedeutet werden konnten. Auch fand man noch Reste von ehemaliger Tüncherarbeit, an welcher sich die gelbe, rothe, blaue und grüne Farbe durch Lebhaftigkeit auszeichneten. Zu gleicher Zeit wurden auch mehrere Backensteine mit den eingedrückten Zeichen der zweiundzwanzigsten Legion gefunden. Es scheint demnach hier eine bedeutendere Niederlassung der Römer gewesen zu sein.

Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes in ihrer Vorzeit und Gegenwart. Darmstadt: Carl Wilhelm Leske, 1843, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Odenwald_(Grimm)_024.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)