Seite:Odenwald (Grimm) 073.jpg

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der wilden Katzen gewesen, und leiten den Namen Katzenbuckel davon ab. Beim Volke heisst es oft nur der Winterbuckel, weil sich an seinem Rücken gewöhnlich die ersten und letzten Spuren des Schnees zeigen, und kalte schneidende Winde von ihm herwehen, solange Sonne und Regen ihn dort nicht zum Schmelzen gebracht haben. Die ganze hochgelegene und schönbewaldete Umgegend heisst davon der Winterhauch.

Der Katzenbuckel bildet so ziemlich die Gränze zwischen dem Kalk- und Sandsteingebirge. Man hält ihn nicht ohne Grund für einen ausgebrannten Vulkan; denn die Felsen auf seinem Gipfel bestehen aus Dolerit, einem vulkanischen Produkte, mit eingesprengten, an der Oberfläche oft auch ausgewitterten Krystallen von Nephelin und Mesotyp. Manche behaupten, man habe schon eine Abweichung der Magnetnadel auf dem Katzenbuckel beobachtet. Es scheint dies aber auf einem Irrthume zu beruhen.

Die Sage von ehemaligem deutschem Götzendienste auf dieser Stelle ist vielleicht nicht grundlos. Man soll auch noch in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Reste eines alten Wartthurmes auf dem Gipfel des Berges gesehen haben. Wir möchten dies beinahe bezweifeln; denn es zeigte sich davon zu Anfange dieses Jahrhunderts auch nicht die fernste Spur. Sollte er bis auf die letzte Spur verschwunden, und selbst kein Mörtel, kein Mauerstein, nicht einmal ein Haufen der zusammengestürzten Trümmer davon vorhanden gewesen sein?

Im Jahre 1821 haben die Markgrafen von Baden, deren zu der Herrschaft Zwingenberg gehörige Forsten sich über diese Höhen erstrecken, ihren für grosse Naturscenen empfänglichen Sinn durch Erbauung eines neuen Thurmes auf dem Gipfel des Berges beurkundet. Er hat eine gefällige Form, und man entdeckt an ihm einige Aehnlichkeit mit dem sogenannten rothen Thurm an dem Eingange von Weinheim.

Die Aussicht von der Höhe des Katzenbuckels, insbesondere aber von dem Thurme, ist kaum mit einer andern im ganzen Odenwalde zu vergleichen; an keiner ist sie so weit ausgedehnt; namentlich sieht man von keiner andern Stelle so weit nach Schwaben hinauf. Der Gegendkundige erkennt den Wartberg bei Heilbronn, die Feste Asperg, die Höhen bei Waldenbuch zwischen Stuttgart und Tübingen; selbst die rauhe Alp und der Schwarzwald dämmern

Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes in ihrer Vorzeit und Gegenwart. Darmstadt: Carl Wilhelm Leske, 1843, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Odenwald_(Grimm)_073.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)