Seite:Offenes Sendschreiben an die evangelisch-lutherische Geistlichkeit in Bayern in der Gesangbuchssache.pdf/13

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für demokratische Zwecke und die verderblichsten, das Vaterland und das häusliche Leben an den Abgrund des Elends führende, Dinge verschwendet wird, sollte wirklich kein Geld für kirchliche Zwecke aufzubringen seyn? Gerade in solch’ einer Zeit, meine ich, sollten wir Geistliche eine ganz andere Sprache führen. – Gerne gebe ich zu, daß die Anschaffung eines neuen Gesangbuches manchen, besonders zahlreichen unbemittelten, Familien lästig fallen mag. Kann man denn aber solchen nicht irgendwie zu Hülfe kommen? Hat man denn schon versucht, in unserer an Vereinen so reichen Zeit auch einen Gesangbuchsverein zum Besten Unbemittelter zu gründen? Ferner, kann denn nicht ein möglichst niedriger Preis erzielt werden? Sollten denn endlich die kirchlichen Behörden nicht vermahnt werden können, den Aufschlag auf das Gesangbuch zum Besten der Pfarrwittwenkasse, wenn er auch nicht ganz zu beseitigen wäre, doch zu ermäßigen, und sollten, wenn das geschähe, wir Geistliche scheel dazu sehen? Oder könnte nicht wenigstens dieser Aufschlag doch den Armen, Wittwen, Waisen und Dienstboten erlassen werden? Dieß gienge vielleicht leichter, als die Ausführung des Wunsches, daß den armen Taglöhnern das Seidlein Bier, das sie zu ihrer Stärkung nöthig haben, ohne Malzaufschlag möchte verabreicht werden können.

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 Viel ließe sich noch für die möglichst baldige Entfernung unseres Gesangbuches und für die baldigste Einführung eines besseren sagen, aber es sey für diesmal genug. Nur einigen Einwänden, die mir etwa gemacht werden möchten, will ich noch im Voraus begegnen. Man könnte mir einwenden, daß ich doch ein gar zu großes Gewicht auf ein gutes Gesangbuch lege. Hierauf antworte ich, daß mir Bibel, Katechismus und ein gutes Gesangbuch eine Trias sind, die vollkommen mit einander übereinstimmen müssen, und ich ein gutes Gesangbuch für den besten Ausleger der Bibel und des Katechismus, für den besten Mitprediger in der Kirche, den besten Vorarbeiter in der Schule, den besten Nachhelfer im Hause und den besten Begleiter des Geistlichen an das Krankenbett halte. Ein Kernlied, in welchem eine Bibelstelle, eine Glaubenslehre so zu sagen recht ad hominem erklärt und durchgeführt