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Fluren wieder. Doch mußte sie vorher ihren Schwur mit den stärksten Betheurungen wiederholen, auch ihm eidlich versprechen, aus der Stadt heimzukehren, ehe das Getümmel in derselben lebhaft würde.

Noch vor Aufgang der Sonne verließ sie die Raubhöle, von tausend Empfindungen bestürmt. Einen Monat vorher hatte sie die klägliche Ermordung ihres fünften ebengebornen Kindes, eines schönen gesunden Knabens, gesehen, und sein Geschrei durchbebte noch immer ihr Ohr; seit dieser Zeit war ihr der Räuber, den sie immer mit finstern Unmuth heimkehren sah, und dessen Erzählungen von seinen Räubereien sie mit Abscheu hörte, völlig unerträglich geworden. Sie zitterte vor dem Gedanken, in einigen Stunden wieder in die Höle zurückzukehren, und hier, vielleicht auf immer, eingeschlossen zu werden. Und doch – sie band der furchtbarste Eid: und „Seele verloren, alles verloren!“ hallte es immer in ihrem Herzen wieder. So fühlte sie sich jetzt

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Johann Karl Christoph Nachtigal: Volcks-Sagen. Wilmans, Bremen 1800, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otmar_Volcks-Sagen.pdf/283&oldid=- (Version vom 1.8.2018)