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führt. Ruhensburg nannte sie den Ort, weil ihr Lora in diesem Haine einen neuen, ihrer würdigen Geliebten sandte, dessen Liebe die Trauernde tröstete, und ihrem Herzen die langentbehrte Ruhe wiedergab.

Aber, furchtbar war dieser heilige Wald den Untreuliebenden. Hier büßte Hermtrud ihren Frevel mit dem Leben. Sie war mit Eilgern, einem edeln sächsischen Jüngling, verlobt. Kampf für das Vaterland entriß ihn ihren Armen; und ihm schwur sie, bei der Trennung, mit erheuchelten Thränen, ewige Treue. Aber, wenige Tage nachher sah Lora die Schwur- und Pflicht-Vergessende in Herrmans Armen. Die Strafbaren hatten sich in den „Buchen“, einem Gehölz unfern der Ruhensburg, versteckt. Hier schreckte Lora sie auf, durch einen Hirsch, der das Dickigt rauschend durchbrach. Und Hermtrud floh, und betrat, ohne Besinnung, Lora’s heiligen Hain. Der Berg erbebte, und die Erde spie Flammen aus, welche die Unglückliche verzehrten.

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Johann Karl Christoph Nachtigal: Volcks-Sagen. Wilmans, Bremen 1800, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otmar_Volcks-Sagen.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)