Seite:Pahl Ueber die Liebe unter dem Landvolk.pdf/10

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und derben Manier auf, ihm zu folgen. Gegen eine abschlägige Antwort ist er gesichert, weil das Mädchen schon im Voraus auf die Einladung vorbereitet ist. Der Zug geht wieder in die Schenke zurük, und man ißt, trinkt, tanzt und jauchzt – bis der Morgen graut, und begleitet, wenn des Spiels ein Ende ist, – wenn anders die Wachsamkeit der Aeltern und Hauswirthe keine Gefahr wittern läßt – die vergnügte Dirne bis in ihr Kämmerlein zurük.

Die Rokkenstuben sind für die Erklärungen und Aeusserungen der Liebe nicht so günstig, als diese rauschenden Vergnügungen, und stiften auch bei weitem das Böse nicht, das man ihnen Schuld giebt. Das Landvolk ist durchgängig in den Aeusserungen seiner Liebe scheu und zurükhaltend, und erklärt die Empfindungen seines Herzens nie, wenn es beobachtet wird. Der Tanz entschuldigt manche Freiheit, die in der Rokkenstube äusserst auffallend wäre, und Stoff zu den entehrendsten Dorfssagen darböte. Deßhalb bleibt man hier gewöhnlich bei Scherz und Lachen, oder unterhält sich mit drollichten Einfällen und Erzählungen, die freilich oft nach dem Urtheile des weisern und bessern Menschen in Frivolitäten und Abgeschmakheiten ausarten, und begleitet dann sein Mädchen unter die

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Pahl: Ueber die Liebe unter dem Landvolk. In: Die Einsiedlerin aus den Alpen, 3. Band, 8. Heft, S. 128–153. Orell, Geßner, Füßli & Comp., Zürich 1793, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pahl_Ueber_die_Liebe_unter_dem_Landvolk.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)