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verschmäht wird, so brütet er wüthende Rache und beschließt ihren Untergang. Das Feuer der Wohllust lodert nur um so mehr auf, je mehr es Widerstand findet, und sezt alle Leidenschaften, die der Haß gebährt, in den unauslöschlichsten Brand. Aber die stille Gluth reiner Liebe verlischt, wenn ihr ihre Nahrung entzogen wird, nach und nach, und lodert nie auf um zu verbrennen, sondern nur um zu erwärmen.

Nicht so leicht beruhigt sich der Landjunge, wenn ihm sein Mädchen von einem Nebenbuhler streitig gemacht wird. Dies beleidigt sein Herz von mehr als einer Seite, und empört ihn bis zum unversöhnlichsten Zorn. Die Furcht, seine Dirne zu verlieren, und dazu noch vom ganzen Dorfe über seinen Verlust verlacht und verspottet zu werden, entflammt ihn zur Rache. Man ergreift die nächste Gelegenheit, um den Muth am Nebenbuhler zu kühlen, und kennt keine Genugthuung, bis er blutrünstig geschlagen ist, und wohl auch noch oberdrein die Versicherung abgelegt hat, alle seine Ansprüche auf das Mädchen aufzugeben. Gemeiniglich aber zertrennen solche Auftritte, zumal wenn sie Dorfskundig werden, auch die ältern Verbindungen, um derentwillen sie entstanden sind. Denn der Nebenbuhler sucht beinahe immer alle Schuld von sich auf

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Pahl: Ueber die Liebe unter dem Landvolk. In: Die Einsiedlerin aus den Alpen, 3. Band, 8. Heft, S. 128–153. Orell, Geßner, Füßli & Comp., Zürich 1793, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pahl_Ueber_die_Liebe_unter_dem_Landvolk.pdf/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)