Seite:Pahl Ueber die Liebe unter dem Landvolk.pdf/9

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meistens bei seinen öffentlichen Lustbarkeiten erklärt. Der liebende Jüngling äugelt lange nach dem Mädchen, in deren Besiz er sich wünscht, bis ihm etwa der herannahende Jahrmarkt die Gelegenheit verschaft, ihr die Empfindungen seines Herzens zu verrathen. Ist er dreiste genug, so ladet er sie wohl ein, mit ihm in die Stadt und zum Tanze zu ziehen; ist er aber weniger unternehmend, so schleicht er ihr im Menschengewühle des Jahrmarkts auf dem Fusse nach, verfolgt sie aus der Ferne in den Gasthof, sezt sich zu ihr an den Tisch, eröfnet mit ihr den Ball, zahlt die Zeche, und schlendert dann am Abend an ihrer Hand frohlokkend ins Dorf zurükke.

So verräth sich auch die Liebe am Kirchweihen und andern Festen, die mit dem Tanze gefeiert werden. Die meisten Jünglinge erscheinen mit einem Mädchen an der Hand in der Schenke, und theilen mit ihr die Freude des Tages. Wenn der Junge so glüklich ist, seine Wahl nicht durch Aeltern oder Hausväter bestimmt zu sehen, so sucht er natürlich das Mädchen auf, das für sein Herz das größte Interesse hat. Mit einer Flasche Wein in der Hand, den Rok hinweggeworfen, und den Hut abgekrempt, zieht er hinter den Spielleuten in das Haus der Schönen, und fordert sie in seiner kurzen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Pahl: Ueber die Liebe unter dem Landvolk. In: Die Einsiedlerin aus den Alpen, 3. Band, 8. Heft, S. 128–153. Orell, Geßner, Füßli & Comp., Zürich 1793, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pahl_Ueber_die_Liebe_unter_dem_Landvolk.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)