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Nomotus entdeckte, an einer fernen Wand klebend, den jetzt wieder aufgestiegenen Greis. Dann klomm er selbst höher, den Rest des späten Tages lang; ein erhabener mächtiger Berg trat schon bei der ersten Zacke vor seine Augen. Die Beschwerlichkeit des Pfades und die dünne Luft raubten dem Pilger allen Atem. Da ein Nebel im Kreise braute und näher schlich, sah er noch in freiem Himmel mit sprühendem Gefieder den Phönixfalken schweben, wie er ihn in den Jahren weltlicher Ritterlust oft gemalt hatte: aus klaren Höhen die Taube zerfleischend, auch mit einem silberdurchwirkten Band an die Stange gefesselt, oder mit frechem Spott auf das Kahlhaupt eines traurigen Mönches zur Beschmutzung gesetzt. Er nahm ein Horn aus seinem Behälter und stieß dahinein, ob ihm die Versöhnung hilfreich entgegenkäme. Dann sprach er traurig und beklommen das freie Lufttier mit den Worten an:

So Gruß dir Geist, der du bist! • Du fliegst, wo es hoch ist • Du verlierst dich in den Hallen • des Lichts mit beglänzten Krallen • Also leit auch mich hinan, • der Sklavenschmach dir angetan • mit Hauben und närrischen Schellen • Doch senke die stolzen Wellen! • Um mich Abend und kühle Gruft, • keine Glocke, die mich ruft, • kein Erz zum verheißenen Schreine • Nun sterb ich wohl alleine • Meine Pulse jagen, mein Atem steht, • meine Hauche zagen, mein Blick vergeht • O Himmel mit weiter Gebärde, • vereng mir ein Grab auf der Erde!

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Paul Adler: Elohim. Hellerauer Verlag, Dresden-Hellerau 1914, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Adler_Elohim.pdf/44&oldid=- (Version vom 20.8.2021)