Seite:Paul Adler Elohim.pdf/98

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auf Füße von rotem Lehm gestellt. Der Seher nahte ihm mit einer großen Achtung in seinen Geberden und sprach, indem er ihm ein entbranntes Wachslicht unter die Augen hielt:

„Du siehst, Memnon, Lidgefesselter, wie groß meine Macht ist. Wenn du nun deine schweren Wimpern zu erheben und deine harten Augensterne in meine lebendigen zu bohren vermagst, so blicke mich achtend an, wie ein König mit dem andern tut, der ihn als ehrhafter Sieger unterwarf. Weigere dich nicht hochmütig, mir deine Weisheit zu überliefern, weil du sie von deinen Göttern hättest! Halte dich nicht für zu gut, daß du mit mir redest! Denn auch ich bin weise und bin aus königlichem Blut; der Heros Solon ist mein Ahne, jener, der seine Gesetze von deinen Söhnen geholt hat. Ja, ich flehe dich an, Sohn der hohen Morgenröte, daß du dich mir endlich ergebest und mein Elend linderst, denn es ist auf einen dem Menschen unerträglichen Gipfel gestiegen. Ich schließe kein Auge mehr, und ich habe nur noch bewegliche Schatten vor Augen, ehe du mir nicht die Antwort gegeben hast, nach der ich wie nach einem Elixiere dürste. Rede, da du es doch wissen mußt! Wie steht es mit den Göttern? Woher kommen sie und wohin gehn sie? Wer ist der Unbekannte, vor dem sie zittern, der die Welt in ihre Kinderhände zum Spiele gibt? Du weißt es, Uranfänglicher, denn du hast, noch ehe alle Geschicke wurden, den Schleier von der Göttin Bild gezogen. Du freilich bist der Gezeugte des

Empfohlene Zitierweise:
Paul Adler: Elohim. Hellerauer Verlag, Dresden-Hellerau 1914, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Adler_Elohim.pdf/98&oldid=- (Version vom 15.9.2022)