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Osiris, der Getragene der Eos. Antworte mir, Titane, rede zu mir, du Bildner der Menschen, in Bildern! Und laß deinen Finger von Gold nicht erzittern, jetzt wo der Augenblick nahe ist, da ich dir deine Freiheit wiedergeben kann. Schreibe, Weiser (und fürchte keine Zeugen) in die Luft, in den verfließenden Papyros ohne Zukunft.“

Da begann Memnon dem Jüngeren zu gehorchen und mit dem ausgereckten Finger die Luft zu teilen: Linien zu ziehn, Kreise und Schnitte des unermeßlichen Kegels, denen Platon jedesmal mit Hast nachfolgte. Und aus Gebilden, mit drei, vier und unzähligen Ecken begabt, bildete Memnon seinem Schüler die Idyllen vor, sie immer wieder verjüngend, zurückführend, bis er endlich auf das letzte körperliche Nichts, den Punkt, kam. Und Platon sprach zu seiner Statue: „Ich verstehe dich, daß du mir meine eigne Ohnmacht, dieses Nichts des Einzigen zeigen willst. Doch nicht die Flucht solcher wirren Lebenslinien, nicht mein eignes flüchtiges Leben verlangte ich von dir zu wissen wie von einem Fahrenden. Vielmehr, beschreibe mir innerhalb dieses Hauches die Fläche: sie, die wie eine blumige Hadeswiese vor dem Hermes ausgebreitet liegt. Und erkläre mir an jedem Dinge noch sein Drittes, welches allein aus dem Hades wächst und allein zu den Schatten fährt: die Tiefe, woraus erst der Leib der Göttin gebildet ist.“ Und der Schatten gehorchte seinem Befehlshaber; er bildete zwischen seinen Fingern neue Gestalten von Leib

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Paul Adler: Elohim. Hellerauer Verlag, Dresden-Hellerau 1914, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Adler_Elohim.pdf/99&oldid=- (Version vom 15.9.2022)