Seite:Paul Schumann - Dresden.pdf/130

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

vor 1708 – das Wort von Sachsens porzellanenen Schröpfköpfen aufkam, womit der Erfinder dieses Wortes das teure ostasiatische Porzellan meinte. Kein Wunder auch, daß die Phantasie den Wert des kurfürstlichen Porzellans ins Ungemessene steigerte. Schreibt doch der Reisende J. G. Keyßler von den Porzellanschätzen im japanischen Palaste: „Die Menge des einheimischen und ausländischen Porzellans ist nicht zu beschreiben und wird dasjenige allein, so zum Küchengeräte gehört, auf eine Million Thaler geschätzt. In einem der oberen Zimmer sieht man die 48 großen Gefäße aus weißem und blauem Porzellan, für welche der König von Pohlen dem itzigen Könige in Preußen ein Regiment Dragoner gegeben hat ...“ Dieser Tausch gehört übrigens auch ins Reich der Legende, weder in preußischen noch in sächsischen Archiven hat man je eine Bestätigung dafür gefunden. Sicher aber ist, daß August der Starke und sein Sohn August III. die großartige Sammlung asiatischen Porzellans zusammengebracht haben. Denn nach einem letzten großen Ankauf im Jahre 1757 hat die Sammlung keinen nennenswerten Zuwachs erhalten.

Augusts Leidenschaft für die keramischen Erzeugnisse Ostasiens hat, wie gesagt, zur Wiedererfindung des Porzellans in Dresden geführt. Er hatte 1702 den aus Berlin geflüchteten Apotheker Johann Friedrich Böttger in seine Gewalt gebracht, weil er im Rufe stand, Gold machen zu können. Durch den Naturforscher und Chemiker Ehrenfried Walter von Tschirnhaus kam Böttger dann zu keramischen Versuchen, und anstatt des Goldes entdeckte er, nachdem Tschirnhaus 1708 gestorben war, in Verfolg der gemeinsamen Versuche im Jahre 1709 die Herstellung des Porzellans. Im Jahre 1710 verlegte August der Starke dann die Porzellanmanufaktur nach Meißen. Schon zu seinen Lebzeiten steigerten Böttger, seine Mitarbeiter und Nachfolger ihr Können und die Leistungsfähigkeit der Manufaktur in einer Weise, daß August bald zu glauben begann, mit Porzellan könnten alle Aufgaben der Plastik und der Innendekoration gelöst werden. Das holländische Palais, das er 1717 vom Grafen Flemming kaufte, sollte die Stätte werden, wo das Porzellan seine Triumphe feierte. Wahrscheinlich hatte schon Flemming hier seine Porzellane aufgestellt gehabt. Im Jahre 1719 aber veranstaltete August der Starke hier einen Teil der großartigen Feste, mit denen er die Hochzeit

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/130&oldid=- (Version vom 21.11.2022)