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lag, dessen Gassen alle nach der Frauenkirche zustrebten, und daß hier – östlich vom Altmarkt – der Raum infolgedessen stark beengt war. Die beiden Hauptstraßen waren die Wilsdruffergasse, welche die Landstraße von Westen, von der reichen aufblühenden Bergstadt Freiberg her aufnahm, und die Elbgasse (jetzt Schloßstraße), welche den Verkehr über die Elbe nach Alten-Dresden und weiter gen Osten nach Bautzen und Schlesien zu vermittelte. Diese beiden Hauptverkehrsstraßen stießen und stoßen noch heute an der Nordwest-Ecke des Altmarktes zusammen. Rechtwinkelig aber zu jener ersten Hauptverkehrsader läuft eine dritte: die Elbe, die den Verkehr von Böhmen über Pirna nach Dresden und weiter über Meißen nordwärts leitete.

Man ersieht aus dieser Darstellung, daß der Grundriß Dresdens durchaus nach den Gesichtspunkten der Sicherheit und des Verkehrs aufgestellt worden ist. Er hat sich bis heutigentags als zweckmäßig erwiesen, obwohl der Gesichtspunkt der Sicherheit vor achtzig Jahren aufgegeben werden konnte. Der Verkehr aber hat erst in unseren Tagen die Fortsetzung der Wilsdrufferstraße nach Osten und damit die Anlegung der König-Johannstraße nötig gemacht.

Die Schönheit und Annehmlichkeit Dresdens beruht in erster Linie auf dem alten Grundplan der Stadt; es gibt keine zu breiten und keine zu langen Straßen, keine zu ausgedehnten Plätze. Muster von zu langen Straßen, die nirgends endigen, sondern immer wieder in derselben Richtung weitergeführt werden, bietet Berlin. Wie unerfreulich und ermüdend ist es, in solchen Straßen zu wandern! Wie angenehm dagegen in Dresden! Jede Straße der inneren Stadt endigt nach kurzer Zeit in einem Platze, sie führt somit zu einem Ziel, und von da kommt man bald wieder zu einem neuen Ziel, so daß man anmutig über die Entfernungen hinweggetäuscht wird. Vom Altmarkt zum Schloßplatz, zum Postplatz, zum Pirnaischen Platz oder zum Bismarck-Denkmal, von da zum Georgplatz, dann zum Pirnaischen, Amalien- und Zeughausplatz, zum Neumarkt, weiter zum Schloß- und Theaterplatz, von da zum Postplatz, zum Trompeter-, zum Wiener- und Bismarckplatz, zurück zum Wienerplatz, von da zum Viktoriahaus, das die Pragerstraße so reizvoll abschließt, dann zum Altmarkt, wieder zum Postplatz, zur Annenkirche, zum Freibergerplatz oder zur Falkenbrücke usw. Man vergegenwärtige

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Heft 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/17&oldid=- (Version vom 5.12.2022)