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33 versetzt wurde. Nicolai war ein feinsinniger Künstler: nur das Zarte und Feine lag ihm, seine Hauptstärke bestand in der vollendeten Durcharbeitung des Grundrisses und in der liebevollen, sorgfältigen Behandlung des Ornaments. Außer der Struveschen Villa erbaute er noch eine kleine Villa in der Parkstraße, dann die Villa Johann Meyer in der Bürgerwiese (Beuststraße Nr. 1, 1859 nach gegebenem fremdem Grundriß), endlich leitete er 1855 bis 1857 den Umbau des Prinzenpalais in der Zinzendorfstraße, wobei ein zweites Obergeschoß aufgesetzt wurde. (Das Palais ist inzwischen noch einmal umgebaut worden.)

Die Wirksamkeit der Schule Nicolais ist in Dresden deutlich zu spüren. Namentlich das Villenviertel an der Bürgerwiese und an der Parkstraße weist fast ausschließlich Bauten im Stile der italienischen Renaissance auf, die im Sinne Nicolais bis in alle Einzelheiten stilgerecht durchgeführt sind. Auch eine Reihe Wohn- und Geschäftshäuser in den geschlossenen Straßen gehen auf Schüler Nicolais zurück. Als solche sind zu nennen: Bernhard Schreiber, der u. a. das Alberttheater (jetzt Kgl. Schauspielhaus) und das Wohnhaus Parkstraße Nr. 8 gebaut hat, August Hermann Richter (Sidonienstraße 27, Mosczinkystraße 20, Residenzstraße 3), Alfred Hauschild (Parkstraße 9), Carl Zopff (Gebäude der Oberpost- und Telegraphendirektion, Annenstraße Ecke am See und Postamt 1 Marienstraße), Karl Weißbach, Giese und Weidner (Hauptbahnhof).

Man kann gewiß nicht sagen, daß die vornehm dreinschauenden Villen der Nicolaischen Schule Dresden zur Unzierde gereichen, ja der heimische Sandstein ist an ihnen hoch zu Ehren gekommen, indes – inzwischen ist eine neue Generation von Architekten herangewachsen, die Sempers und Nicolais Pfade verlassen und neue Wege eingeschlagen hat.

Neben der Neurenaissance hat in dieser Zeit der rückschauenden Architektur auch die Neugotik eine Rolle gespielt. Ihr Hauptvertreter war Friedrich Arnold. In seinen beiden Dresdner Werken – der Kreuzschule und dem Umbau der Sophienkirche – tritt das Übel der Stilarchitektur – erst der Stil und dann der Zweck des Bauwerks weit schlimmer zutage, als in Bauten der Nicolaischen Schule.

Dem ansprechenden Äußeren der Kreuzschule steht eine unpraktische Innenanordnung gegenüber, die dem Zweck der

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/268&oldid=- (Version vom 12.3.2023)