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Aus dem Nachwuchs der Akademie, besonders aus den Schülern Gotthard Kühls, ist der Künstlerverein der Elbier hervorgegangen, der unter der Leitung von Ferdinand Dorsch seit dem ersten Jahre seines Bestehens eine rege Tätigkeit entfaltet hat und im allgemeinen an die Stelle des Vereins bildender Künstler Dresdens getreten ist, der sich nach einigen Jahren seines Bestehens wieder auflöste. Das künstlerische Streben der Elbier kann man bezeichnen als Heimatkunst aus Stadt und Land, wie ja auch Gotthard Kühl durch seine Bilder von Dresden, besonders von der alten Augustusbrücke, sich als Heimatkünstler in Sachsens Hauptstadt betätigt hat. Eine ganze Reihe dieser Gemälde birgt das Stadtmuseum. Sie werden einst eine ähnliche Bedeutung wie die Dresdner Ansichten von Canaletto haben, wenn auch Kühl als ausgesprochener Farbenkünstler auf einem ganz anderen künstlerischen Standpunkte steht als der Meister der Camera obscura.

Hermann Prell hinterläßt in Dresden als Zeugnis seines künstlerischen Schaffens zunächst die Ausschmückung des Treppenhauses im Albertinum, bei der er in allen drei Künsten, Architektur, Plastik und Malerei, selbsttätig schuf. Er behandelte den oberen Teil des Treppenhauses als eine weite, nach allen Seiten offene Bogenhalle, die durch die Wandpfeiler und Säulen gegliedert ist, während wir durch Wandflächen gleichsam wie durch weite Fenster in freie Gegenden, d. h. auf die Wandgemälde hinschauen. Das Thema der malerischen und plastischen Darstellungen ist der Triumph der Kunst über die Hemmungen des Lebens, Kampf und siegreiches Streben nach den höchsten Idealen, Schicksalsmacht und Schönheit. Das Deckengemälde schildert demgemäß den siegreichen Kampf olympischer Götter gegen die Titanen, als „den Sieg geistiger Mächte über widerstrebende rohe Gewalten“. Die beiden Schmalwände aber schildern den Ausgang und die Folgen des Kampfes. Die Wand zur Rechten ist dem Schicksal geweiht: in der Mitte der Kulturbringer Prometheus, zu den Seiten die Parzen und die Strafe des Titanenführers Kronos. Gegenüber an der Wand der Schönheit Aphrodite, aus dem Meere emportauchend, zu den Seiten die drei Grazien, und der Raub der Europa; an der Stirnwand zwei malerische Reliefs: Dädalos und Ikaros, und Perseus als Besieger der Meduse. Die grundsätzlichen Anschauungen, denen Prell in diesem Treppenhause folgt – die Wand als bloße Füllung

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/303&oldid=- (Version vom 17.3.2023)