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bezeichnen oder aber nur auf ungeschickt ausführende Hände zurückzuführen sind, steht dahin. Richtig ist, daß die Freiberger Figuren weit edler im Ausdruck und weicher in der Linienführung der Gewänder sind. Wir tappen in der Zuweisung dieser Werke noch im Dunkeln, die bezeichnenden Merkmale und Unterschiede sind nicht bestimmt genug und es mangelt an festen Anhaltspunkten, von denen man sicher weiter schließen könnte. Nosseni wird ein starker Einfluß auf die sächsischen Bildhauer seiner Zeit zugeschrieben. Er selbst war – wenigstens als Bildhauer – kein so hervorragender Künstler, wie ehedem angenommen wurde. Indes hat er sicherlich die Renaissanceformen in Sachsen noch fester eingepflanzt, als sie es schon vorher waren. „Er gab den sächsischen Bildhauern eine Fülle anregender Gedanken, eine Welt von neuen Formen: ein verjüngender, ein belebender Zug ging von ihm aus, der eine Menge anmutiger Werke in Kirchen und Schlössern Sachsens entstehen ließ.“ Allerdings ging damit der sächsischen Bildhauerschule immer mehr die Volkstümlichkeit verloren.

Namentlich haben offenbar die Bildwerke der Freiberger Fürstengruft einen starken Eindruck auf die sächsischen Künstler der damaligen Zeit gemacht: wir hören ausdrücklich, daß die Dresdner Künstler zur Besichtigung des Werkes nach Freiberg reisten. So besuchte 1598 und ebenso wieder 1599 der Dresdner Bürgermeister und Bildhauer Hans Walther „in Begleitung vieler Steinmetzen“ Freiberg, um die Fürstengruft zu sehen. Allerdings waren diesem die Formen der Renaissance keineswegs neu; denn vermutlich hat gerade er mit an dem Tor der Schloßkapelle gearbeitet; auch ist er der Schöpfer des Altars der Kreuzkirche zu Dresden von 1579, der nach dem Brande von 1760 in die Annenkirche versetzt worden ist. „Durch diese beiden Werke hat er bewiesen, daß auch vor Nossenis Auftreten die sächsischen Bildhauer in Werken der Renaissance Tüchtiges leisteten.“ (Knebel.)

DER ALTAR DER ANNENKIRCHE.

Der Altar der Annenkirche, der durch den Einbau der Kanzel verändert worden ist, besteht aus Sandstein und ist mit Halbedelsteinen und verschiedenen Marmorarten verziert. Den Unterbau bilden facettierte Quadern; der Altartisch trägt vorn ein Relief mit der lebendigen aber ziemlich harten Darstellung des jüdischen Osterlammes. Das Hauptstück bilden zwei korinthische Säulenpaare

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/60&oldid=- (Version vom 20.8.2021)