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Weit reicher in der Komposition, klar im Aufbau und lebendig in der Charakteristik ist das Relief Golgatha auf dem alten Eliasfriedhof. Das Werk, dessen perspektivisch-malerischer Hintergrund eine Stadtansicht bildet, stammt vielleicht auch von Christoph Walther. Irgendwelche Sicherheit ist bei diesen Zuschreibungen noch nicht zu erreichen gewesen.

Neben diesen Künstlern steht Hans Kramer, von dem nach Otto Richters Zuschreibung das mit H K bezeichnete Denkmal des Günther von Bünau († 1562) herrührt, ein Alabasterrelief von ganz hervorragender Schönheit, das einst auf dem Frauenkirchhof stand, heute, soweit erhalten, im Stadtmuseum untergebracht ist. Hölle, Tod und Teufel durch den Opfertod und die Auferstehung Christi überwunden, das ist das Thema der eigenartigen Darstellung. Unten Christus am Kreuz, angebetet von Günther von Bünau nebst Frau, Sohn und Tochter. Hinter dem Ritter der Tod, der ihm das Stundenglas hinhält und in der anderen Hand ein Reiterpistol trägt. Hinter der Tochter der offene Höllenrachen, hinter der Frau der Teufel in Pansgestalt; am Fuße des Kreuzes ein Totenkopf, um den Kreuzesstamm sich windend eine Schlange. Oben in einer Glorie von Engeln der auferstandene triumphierende Christus mit der Fahne und langen goldenen Ketten in der Linken, mit denen er den Tod, den Teufel und die Schlange festhält. Oben links und rechts in den Zwickeln zwei wundervolle Engel in Flachrelief, der eine mit Säule (Allegorie der Stärke), der andere mit Kreuz und Palme (Hoffnung und Friede). Darunter zwei Engelsköpfe mit Inschrifttafeln. Mit Recht bezeichnet Gurlitt dieses Relief nach Auffassung und Ausführung als eines der vollendetsten der Renaissance.

CHRISTIAN I.

Im Jahre 1586 starb Kurfürst August I. und es folgte ihm – 26 Jahre alt – Christian I., von 15 Kindern der einzige überlebende Sohn Augusts. Da er nicht mit den Regierungsgeschäften vertraut war, überließ er sie in der Hauptsache seinem Kanzler Nikolaus Krell; mit aller Kraft aber widmete er sich der Verschönerung seines Schlosses und seiner Residenz Dresden. In seinem vorwiegend ästhetischen Empfinden, in seiner Lust am Bauen wie am künstlerischen Schaffen überhaupt, war er eine echte Renaissance-Natur. Die wüsten und unfertigen Stellen innerhalb seiner Residenz beleidigten sein Auge, so daß er eilends an deren

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/64&oldid=- (Version vom 10.1.2023)