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dichten Efeu (es ist ein Rest der alten Stadtmauer) in der Höhe von 4 ½ m einen lebensgroßen Stierkopf aus dem 17. Jahrhundert. Angeblich zeigt er an, wie hoch bei einer Tierhatz ein Stier gesprungen sei.

Trotz aller Unbilden, die der Stallhof mit dem Bau des Stallgebäudes erlitten hat, bietet er noch heute einen köstlichen Anblick dar. Uralter Efeu und wilder Wein ranken an den Giebeln und Mauern empor und gar köstlich ist es, wenn der Herbst alle Wandflächen mit seinen bunten Farben umkleidet. Dicht beim geräuschvollen Getriebe des Alltags hat sich da ein Stück idyllischer Poesie aus vergangenen Tagen erhalten, wie es andere Städte etwa im Kreuzgange eines alten Klosters oder im Domhof aufzuweisen haben. Wieviel schöner noch würde das Bild sein, wenn die Arkadenhalle von den schließenden Mauern wenn befreit und vor allem, wenn das große Marmorbecken im vordern Hofe wieder mit Wasser gefüllt und in Betrieb genommen würde. Etwas wie frisches Leben würde damit wieder in den alten Turnierhof einziehen, wenn man die Zisterne ihrer alten Bestimmung wiedergäbe.

DER KLEINE SCHLOSSHOF.

Außer dem Stallhof erhielt das Schloß gleichzeitig noch das neue Tor in der Schloßstraße (1889–90) und den kleinen Hof (1593 ff.). Von dem Tor ist noch der untere Teil erhalten: das Mauerwerk in kräftiger Rustika, das Bogentor zwischen je zwei Halbsäulen dorischer Ordnung, im Schlußstein der Pelikan im Nest, der seine Jungen mit dem eigenen Herzblut nährt, in den Metopen Löwenköpfe. Die vier Standbilder über den Säulen, die Balustrade mit den Engeln und der krönende Kuppelbau mit der Justitia obenauf – all das ist seit 1725 verschwunden; was man jetzt sieht, stammt von der Erneuerung durch Dunger und Frölich im Jahre 1894.

An das Tor schloß sich nach Süden der neue Flügel des Schlosses, der sich von der Schloßstraße längs dem Taschenberg nach Westen erstreckt. Besonders bemerkenswert ist der Hof mit dem zweigeschossigen Umgang, der auf toskanischen Säulen ruht und in Stichbogen gewölbt ist. Der in derben Renaissanceformen gehaltene Vorbau endet an der Südostecke in einem Treppenturm mit Haube. Auch im Westen des Schlosses, an der Sophienkirche, wurden damals eine ansehnliche Flucht neuer Bauten errichtet, darunter das kurfürstliche Bad und die vom Grafen Lynar begonnene Bastei. Dresden verdankt endlich Christians I. Baumeister

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/68&oldid=- (Version vom 10.1.2023)