Seite:Paul Schumann - Dresden.pdf/99

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der bis in unsere Zeit in der nordöstlichen Ecke des Altmarktes stand, beim Durchbruch der König Johann-Straße aber abgebrochen wurde.

Ein Zeitgenosse dieses Walther war der Bildhauer Melchior Barthel, dessen Grabstein im Hofe des Hauses Johannesstraße 12 eingemauert ist. Er war am l0. Dezember 1625 als Sohn des Dresdner Bildhauers Hieronymus Barthel geboren, lernte zuerst bei seinem Vater († 1640), dann fünf Jahre in Schneeberg; 1645 ging er in die Fremde, wo er mit Christoph Abraham Walther zusammentraf. In Venedig, wo er 17 Jahre verweilte, schuf er zahlreiche Werke, darunter 67 Figuren für das Grabmal des Don Giovanni Pesaro († 1659). Im Jahre 1670 kehrte Barthel nach Dresden zurück. Er wurde auf Empfehlung des Oberlandbaumeisters Obersten Wolfgang Caspar von Klengel von Johann Georg II. zum Hofbildhauer ernannt, starb jedoch schon am 26. Juli 1672. Werke von ihm sind nicht bekannt, denn der Ecce homo vom Peiserschen Grabdenkmal, der im Sommer 1893 im Keller der Frauenkirche aufgefunden war und jetzt der Kanzel gegenübersteht, kann schwerlich Barthels Werk sein. Es muß spätestens 1635 hergestellt sein. Die meisterhafte Durchbildung des Körpers und die geschickte Behandlung des Marmors weisen auf einen tüchtigen Künstler hin; als solcher kann Sebastian Walther in Betracht kommen.

SCHLOSSBAUTEN.

Noch müssen wir der Neu- und Umbauten des Schlosses im 17. Jahrhundert gedenken. Nicht mehr vorhanden ist der Riesensaal, den 1627 Wilhelm Dilich neu ausstattete; der Saal erhielt damals anstatt der früheren geraden Decke Stichbogengewölbe und wurde vollständig mit Fresken ausgemalt. Seinen Namen hatte er von den 4m hohen Riesen, die an die Fensterschäfte gemalt waren; Gurlitt schreibt sie noch den Thola und dem Ricchino zu. Die Dilichsche Decke war mit Tischlerarbeit und Malerei verziert. Auf den giebelbekrönten Aufbauten waren die Tugenden gemalt, dazwischen Ansichten von Städten, in den rhombischen Flächen zwischen den geschnitzten hölzernen Deckenverzierungen die Zeichen des Tierkreises, in den seitlichen mythologische Darstellungen blau in blau gemalt.

Weiter stammt aus dem 17. Jahrhundert ein derbes Stuckgewölbe, das heute im Südwestturm angebracht ist, vielleicht von Melchior Barthel.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/99&oldid=- (Version vom 20.1.2023)