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Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang

werden; denn jeder (Stern) ist ganz reiner Geist. Es ist also notwendig, daß auch die Luft von Lebewesen angefüllt ist.[1] Diese aber sind für uns unsichtbar, da ja auch die Luft selbst für die Sinneswahrnehmung nicht sichtbar ist. 9 Doch nicht darum, weil der Gesichtssinn außerstande ist, die Gestalten von Seelen wahrzunehmen, sind in der Luft keine Seelen; man muß sie nur mit dem Geiste erkennen, auf daß Gleiches von Gleichem[2] geschaut werde.

10 Und was werden wir ferner sagen? Leben nicht alle Land- und Wassertiere von Luft und Atem? Wie aber? Pflegen nicht, wenn die Luft verunreinigt ist, die pestartigen Krankheiten zu entstehen, wie wenn sie die Ursache der Beseelung für alle sei?[3] Und ferner, wenn sie ungefährlich und unschädlich ist, wie sie es vor allem in den von Norden wehenden Winden zu sein pflegt, erfährt dann nicht alles,[4] wenn es den reinen Atem einzieht, einen Zuwachs an dauernderem und kräftigerem Leben? 11 Ist es nun also wahrscheinlich, daß das, wodurch die andern, die Wasser- und Landgeschöpfe, beseelt werden, leer sei oder an Seelen keinen Anteil habe? Im Gegenteil, auch wenn alles andere unfruchtbar an Lebewesen wäre, müßte allein die Luft Leben gebären, da sie die Samen der Seele durch vorzügliche Gnade vom Schöpfer empfing.

[3] 12 Von den Seelen nun sind die einen in Körper hinabgestiegen, die andern [264 M.] hielten es für richtig, niemals mit einem Teile der Erde vermengt zu werden. Da diese rein geworden sind und sich dem Dienste des Vaters widmen, pflegt der Schöpfer sie als Gehilfen und Diener zur Aufsicht über die Sterblichen zu gebrauchen. 13 Jene aber, die wie in einen Fluß in den Körper hinabsteigen, sind teils von gewaltigstem Wirbelwind erfaßt ertrunken, teils sind sie, wenn sie gegen den Strom ankommen konnten, zunächst emporgeschwommen,


abhängig ist. In späterer Überlieferung heißt es von Archytas (Johannes Lydos De mensibus II 8 p. 21: διὰ τοῦτο ψυχὰ τὸ αὐτὸ κινοῦν, ἀνάγκα δὲ τὸ πρῶτον κινοῦν, κύκλος δὲ τοῦτο ἢ σφαῖρα.)

  1. Ein ähnlicher Beweis für die Beseelung der Luft durch Vergleich mit den andern Elementen, die alle beseelt sind, bei Sext. Emp. adv. math. IX 86ff. – Über Seelen in der Luft überhaupt vgl. das von mir zusammengetragene Material in „Der Heilige Geist“ Leipzig 1919, 51 ff., 123.
  2. Vgl. Heinemann, Poseidonios’ metaphysische Schriften I 71, 2.
  3. Die Lehre von der Luft als Ursache der Beseelung vertritt im Altertum vor allem Diogenes von Apollonia. Diels, Fragm. d. Vors.³ 51 Β 4 u. 5.
  4. Nach Wendlands Konjekturen: ὁποῖος.... <πάντα> πρὸς.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloGigGermanLeisegang.djvu/8&oldid=- (Version vom 14.9.2022)