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Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang

dann wieder dahin aufgeflogen, woher sie kamen.[1] 14 Dies nun sind die Seelen der echten Philosophen, die von Anfang bis zum Ende danach strebten, dem körperlichen Leben abzusterben,[2] damit sie das unkörperliche und unvergängliche Leben in der Nähe des Ewigen und Unvergänglichen erlangten; 15 jene aber, die ertranken, (sind die Seelen) der anderen Menschen, die die Weisheit verachteten und sich unbeständigen und zufälligen Dingen ergaben, von denen keiner sich auf das Vornehmste in uns, auf Seele oder Geist, bezieht, alles aber auf den mit uns verwachsenen Leichnam,[3] den Körper, oder auf noch Seelenloseres als dieser, ich meine auf Ruhm und Geld und Herrschaft und Ehren, und was sonst noch von denen, die nicht das wahrhaft Schöne bestaunen, durch den Betrug einer lügnerischen Meinung geformt oder gemalt wird. [4] 16 Wenn du nun Seelen, Dämonen und Engel zwar für verschiedene Namen, im Grunde aber für ein und dasselbe hältst, wirst du die schwerste Bürde, die Dämonenfurcht,[4] ablegen. Denn wie die große Menge von guten und bösen Dämonen spricht und ebenso von (guten und bösen) Seelen, so wirst du nicht fehlgehen, wenn du auch die Engel teils für ihres Namens würdige Boten der Menschen zu Gott und Gottes zu den Menschen,[5] heilig und unverletzlich wegen dieses unschuldigen und schönen Dienstes, hältst, teils für unheilig und unwürdig des Namens. 17 Es dient aber für mein Wort als Zeuge das von dem Psalmisten in folgendem Gesangvers Gesagte: „Er sandte zu ihnen den Zorn seines Unmuts, Unmut und Zorn und Trübsal, eine Sendung durch böse Engel“ (Psalm 78, 49). Dies [265 M.] sind die


  1. Diese Teilung der Seelen in drei Gruppen (rein himmlische, mit dem Körper vermischte aber wieder zum Himmel auffahrende, im Körperlichen untergehende), die Philo auch an anderen Stellen (unten § 60–61, Quis rer. div. heres § 45f., De somniis II § 228–236) erwähnt, ist eine in der hellenistischen Literatur auch sonst bekannte Lehre. Man vgl. Plutarch De genio Socrat. 591 D ff., De facie in orbe lunae 943 Α ff. und den griech. Henoch hg. von Flemming u. Radermacher Leipz. 1901 Cap. XV, zum Ganzen mein oben erwähntes Buch Der Heilige Geist 91f. und 110ff.
  2. Ein Motiv, das schon Plato im Phaedon in mannigfachen Variationen durchführt, vgl. vor allem Phaed. 67 A.
  3. Vgl. Aristoteles frgm. 60: τοὺς ἁλισκομένους προσδεσμεύοντας πρὸς ἀντικρὺ τοῖς ζῶσι, νεκρούς. – sic nostros animos cum corporibus copulatos ut vivos cum mortuis esse coniunctos.
  4. Δεισιδαιμονία bedeutet im weiteren Sinn jeden Aberglauben.
  5. Plato Symp. 202 Ε: καὶ γάρ πᾶν τὸ δαιμόνιον μεταξύ ἐστι θεοῦ τε καὶ θνητοῦ … Ἑρμηνεῦον καὶ διαπορθμεῦον θεοῖς τὰ παρ' ἀνθρώπων καὶ ἀνθρώποις τὰ παρὰ θεῶν.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloGigGermanLeisegang.djvu/9&oldid=- (Version vom 14.9.2022)