Seite:PhilonJosGermanCohn192.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

geschieht, auch wenn es mit tiefer Finsternis bedeckt wird“. 167|Die Brüder versuchten sich zu rechtfertigen und erklärten, dass sie ohne jeden Grund beschuldigt werden; denn weder kamen sie von Feinden, noch seien sie selbst den Bewohnern des Landes feindlich gesinnt, und niemals würden sie eine solche Dienstleistung übernehmen, denn sie seien von Natur friedliche Leute und hatten von frühester Jugend an die Ruhe wertschätzen gelernt bei ihrem frommen und gottgesegneten Vater, dem 12 Söhne geboren wurden, von denen einer, der jüngste, weil er noch nicht das Alter für Reisen ins Ausland habe, zu Hause geblieben sei, zehn hier vor seinen Augen stehen und einer verlorengegangen sei. (29.) Als er so von sich wie von einem Toten die Brüder, die ihn verkauft hatten, sprechen hörte, was musste er da in seiner Seele empfinden? 168|Wenn er auch das Gefühl, das ihn überkam, jetzt nicht laut werden liess, sondern nur im Innern durch diese Reden heftig erregt und warm wurde, so erwiderte er ihnen gleichwohl in tiefer Bewegung: „Wenn ihr wirklich nicht gekommen seid, um das Land auszukundschaften, müsst ihr, damit ich euch glauben kann, eine Zeitlang hier verweilen, euer jüngster Bruder aber mag durch Briefe berufen werden und herkommen. 169|Wenn ihr aber des Vaters wegen, der vielleicht ob eurer langen Abwesenheit ängstlich sein wird, eiligst abreisen wollt, so ziehet ihr andern alle ab und einer mag als Geisel hier bleiben, bis ihr mit dem Jüngsten zurückkehret; wenn ihr aber nicht gehorchet, wird die höchste Strafe zur Anwendung kommen, der Tod“. 170|Mit dieser Drohung entfernte er sich finster blickend und mit allen Zeichen anscheinend schweren Zornes. Sie aber waren von Sorge und Trauer erfüllt und machten sich Vorwürfe wegen ihres hinterlistigen Anschlages gegen den Bruder und sprachen: „Jenes Unrecht ist die Ursache unseres gegenwärtigen Unglücks, da die Gerechtigkeit, die Lenkerin der menschlichen Geschicke, jetzt offenbar etwas gegen uns vorhat; denn wenn sie auch kurze Zeit sich still verhält, so erwacht sie doch bald wieder und zeigt ihre harte und unerbittliche Natur den Strafwürdigen. 171|Denn wie sollten wir nicht Strafe verdienen? Wir Erbarmungslosen,

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn192.png&oldid=- (Version vom 5.9.2017)