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So läßt sich also die von den Astronomen angenommene Definition folgendermaßen zusammenfassen:

„Die Zeit muss so definiert werden, daß die Gleichungen der Mechanik so einfach wie möglich werden.“ Mit anderen Worten, es gibt keine Art, die Zeit zu messen, die richtiger ist als eine andere; die, die allgemein angewendet wird, ist nur bequemer.

Wir haben nicht das Recht, von zwei Uhren zu sagen, daß die eine richtig gehe und die andere falsch, wir können nur sagen, daß es vorteilhafter ist, sich nach den Angaben der ersteren zu richten.

Die Schwierigkeit, mit der wir uns eben beschäftigt haben, ist, wie schon gesagt, oft bemerkt worden. Von den neuesten Arbeiten, in denen davon die Rede ist, will ich außer dem kleinen Werk von Calinon noch das Lehrbuch der Mechanik von Andrade erwähnen.

VI.

Die zweite Schwierigkeit hat bis jetzt die Aufmerksamkeit viel weniger auf sich gezogen, und doch entspricht sie ganz der vorhergehenden; logischerweise hätte ich sogar früher davon reden sollen.

Zwei psychologische Ereignisse gehen in zwei verschiedenen Seelen vor; was will ich damit ausdrücken, wenn ich sage, daß sie gleichzeitig sind? Was will ich ausdrücken, wenn ich sage, daß ein physisches Ereignis, das außerhalb allen Bewußtseins vor sich geht, früher oder später ist als ein Vorgang in unserem Bewußtsein?

Im Jahre 1572 bemerkte Tycho-Brahe einen neuen Stern am Himmel. Ein mächtiger Brand war auf irgend einem sehr weit entfernten Stern entstanden; aber schon viel früher, es hatte mindestens zweihundert Jahre gedauert, bis das Licht, das von diesem Stern ausgegangen

Empfohlene Zitierweise:
Henri Poincaré: Das Maß der Zeit. Der Wert der Wissenschaft, B. G. Teubner, Leipzig 1898/1906, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PoincareMass.djvu/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)