Seite:Poinsignon - Rueckblicke 07.jpg

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Bücherschäfte bediente man sich während des ganzen 15. Jahrhunderts im Rathshof zu Freiburg noch nicht — gesellten sich seit 1440 zu den Rathsprotokollen die umfangreichen Missivenbücher; zu dem ältesten Diplomatar, dem „Rothen Büchlein“ drei weitere Diplomatarien in dickleibigen Folianten mit der Bezeichnung A, B und C, dann ein stattliches Münzbuch, mit dem Jahre 1425 beginnend, die Bürgerbücher von 1397 an, die Sammlung der Spruchbriefe, die Richterbücher, die Eidbücher, und das hochinteressante „Geschichtbuch der Stadt“, worin der Stadtschreiber all die schlimmen Händel des Adels, der Klöster und aller sonstigen Widersacher der Stadt einzutragen hatte.

So blieb es bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts. Die „ungeschikhten“ Stuben des Rathhauses, — da es aus verschiedenen Häusern zusammengebaut war, hatten die correspondirenden Stockwerke nicht einmal gleiches Niveau, — waren schon während des Reichstages, der anno 1498 darin gehalten wurde, Veranlassung zu einem recht ärgerlichen Rangstreit gewesen, da ein Theil der Fürsten höher zu sitzen kam als der andere; sie mussten jetzt nach und nach baufällig und wohl auch zu enge geworden sein. Da entschloss sich der Rath im Januar 1551, für einen grossen Rathssaal ein eigenes Gebäude am Westende des grossen Rathshofes aufzuführen und in’s untere Geschoss die Gerichtslaube, die bisher am Münsterplatz gewesen war, zu verlegen. Zugleich wurde behufs Entlastung der Rathskanzlei ein besonderes Rathshofarchiv vorgesehen, das als westlicher Anbau in zwei übereinander liegenden, im spätgothischen Styl ausgeführten, hübschen kleinen Kreuzgewölben heute noch besteht. Hievon wurde das untere Gewölbe direkt mit dem Gerichtssaal und der Folterkammer, das obere dagegen mit dem grossen Rathssaale in Verbindung gebracht, jedoch durch eiserne Thüren gegen denselben verschliessbar, wie wir dies ähnlich noch vor wenigen Jahren im Rathhaus zu Leipzig gesehen haben. Der Bau wurde 1552 vollendet und steht in seiner äusseren Eigenthümlichkeit noch ziemlich unverändert da. Während aber das obere Stockwerk seiner ursprünglichen Bestimmung bis auf den heutigen Tag getreu erhalten wurde, ist sowohl die Gerichtslaube als das damit verbunden gewesene Gerichtsarchiv seinen Zwecken längst vollständig entfremdet und beides zu Remisen verwendet worden.

Das obere Gewölbe also, jetzt noch der eigentliche Kern des Stadtarchives, enthält in den Füllungen, die vom Boden bis zur

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Adolf Poinsignon: Rückblicke auf die Vergangenheit des Stadtarchivs zu Freiburg im Breisgau. Theodor Ackermann, München 1895, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Poinsignon_-_Rueckblicke_07.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)