Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 037.jpg

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auch des Herrn Schamal zu Jungbunzlau, in Böhmen, welcher bisher vorzüglich durch Abgabe jähriger Copulanten, deren jährlich zwischen 30–50,000 abgegeben werden, auf Verbesserung und Vermehrung des Obstbau’s in Böhmen einzuwirken sucht. Doch sind damit selbst unter den hervorragenderen Baumschulen Deutschlands immer noch wenige genannt, und könnte man allein in Norddeutschland[WS 1] namentlich noch hinweisen auf die großen Baumschulen zu Flottbeck bei Hamburg, die Baumschulen des Herrn Liebe zu Hildesheim, des Herrn Schullehrers Wohlers zu Longern bei Stolzenau, die seit einigen Jahren anfängt beträchtlich zu werden, des Herrn Kunstgärtners Hartwig und Seebadbesitzers Behrens zu Lübeck und gar manche Andere. Erfreulich ist es auch, daß bei den Baumschulenbesitzern immer mehr die Nothwendigkeit anerkannt wird, durch Anpflanzung von Mutterbäumen etc. das Obst nicht nur selbst immer besser kennen zu lernen, sondern fortgehende Verwechslungen in den Baumschulen zu verhüten.

Als erfreuliche, zur Nacheiferung anreizende Beispiele eines ausgedehnten und einträglichen Obstbau’s führen wir aus dem Berichte nur folgende an:

Guben und dessen Umgegend, wo hauptsächlich Aepfel und Kirschen gebaut werden; man löset aus deren Verkaufe jährlich durchschnittlich 20,000 Rthlr., und werden außerdem etwa 1000 Eimer Apfelwein bereitet. – In Grüneberg in Schlesien florirt neben einem ausgedehnteren Weinbau auch der Anbau fast aller Obstarten überhaupt, und werden vorzüglich Pflaumen und Kirschen, Aepfel und Wallnüsse ausgeführt, so daß von Kirschen nicht selten aus einem einzigen Obstgarten jährlich für 200 Rthlr. verkauft worden sind, während man die in Grüneberg getrockneten Pflaumen zu den zuckerreichsten in ganz Deutschland rechnen darf, und sie mit Erzeugnissen Ungarns und Frankreichs concurriren können. Nicht weniger blüht der Obstbau in Naumburg und dessen Umgegend, wo es manche Obstpflanzungen gibt, die jährlich an sogenannte Obsthöcker (Obsthändler) für 1000 bis 12,000 Rthlr. verpachtet werden. Die dortigen Pflanzungen in und um Schulpforte, in und um Gosek mögen jede circa 13,000 Stämme enthalten, und wird unter den Kirschen vorzüglich die Ostheimer Weichsel ausgedehnt angebaut.

Eßlingen zeichnet sich selbst in dem obstreichen Württemberg durch seinen ausgedehnten Obstbau noch wieder aus, wo bei Eßlingen und eilf Filialorten circa 150,000 Obstbäume, meistens um die Wohnungen her stehen, und besonders viel Apfelwein aus dem Luikenapfel und Kienlesapfel bereitet wird, durchschnittlich jährlich 10,000 Württembergische Eimer, von denen 1853 der Eimer 18 bis 20 fl. kostete und mit dem eigentlichen Weinmost in gleichem Preise stand, ja gesuchter war, als dieser.

Nicht weniger ausgezeichnet und ergiebig ist der Obstbau am Bodensee, wo in guten Jahren der Obstertrag außerordentlich ist; auch aus den Gräflich von der Alseburg’schen Gärten in Meinsdorf bei Ballenstedt und den Gräflich Schaafgotsche’schen Besitzungen zu Zioroschitz in Mähren, werden Beispiele ausgedehnter Obstanlagen angeführt, und selbst die Gegenden von Suhl in Thüringen (1600 Fuß über dem Meere, zwischen noch höheren Bergen belegen) und Hermaringen in Württemberg (2000 Fuß über der Meeresfläche belegen), lieferten schlagende Beweise, wie auch in rauheren Gegenden sich noch sehr gutes Obst erzielen lasse.

Sind dieß auch hervorragende Beispiele eines ausgedehnten, gewinnreichen Obstbau’s in Deutschland, so darf man, da es lange nicht die einzigen sind, die hätten angeführt werden können, wenn die Nachrichten über den Umfang des Obstbau’s in Deutschland vollständig vorlägen, (man könnte z. B. gleich noch hinweisen auf das Nassauische, die niederen Rheingegenden, das Alseland und die Vierlande, welche letztere nach den benachbarten großen Städten, insbesondere nach Hamburg, ja jetzt selbst nach England, einen sehr einträglichen Verkauf von frischem Obst betreiben), überhaupt aber aus allen in dem Berichte enthaltenen Nachrichten den Schluß ziehen, daß im Allgemeinen der Obstbau in Deutschland in erfreulichem Aufschwunge begriffen sey, und seine Wichtigkeit für Landwirtschaft und Landeswohlfahrt immer mehr erkannt werde.

Als Schattenseite bei dem deutschen Obstbaue stellt es dagegen, nach Durchsicht des Berichtes, sich heraus, daß nicht nur in manchen Gegenden der Obstbau auch noch sehr zurück und vernachläßigt ist, sondern daß derselbe wohl überhaupt in Norddeutschland noch nicht zu seinem gehörigen Rechte gelangt ist, wo von Obstmostbereitung noch kaum die Rede ist, Feldpflanzungen, außer an Landstraßen und allmählig auch größeren Communalwegen, sich kaum finden und man so häufig noch zu glauben scheint, das Klima eigne sich für den Obstbau in größerer Ausdehnung nicht gehörig, was um so mehr zu bedauern ist, da man auf

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nodrdeutschland
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_037.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)