Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 063.jpg

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auf einem frostfreien Zimmer zu durchwintern. Nur höchst wenige umgesetzte Stämme sind schließlich doch ausgegangen, bei denen das Umsetzen entweder zu spät geschah, oder die überhaupt krank oder beschädigt gewesen seyn mögen; wie denn unter so vielen versetzten Stämmen nie Alles gedeihen wird. Auch zeigen unter den nochmals umgepflanzten Stämmen verhältnißmäßig weit mehrere raschen Trieb, als unter denen, die Anfangs wohl Blätter, aber keine Triebe machten, von denen gar viele jetzt kränklich aussehen und erst im nächsten Frühlinge in besseren Trieb kommen können.

Untersuchte man beim Umsetzen die Wurzeln, so waren diese bei einzelnen, doch wenigen Stämmen, theilweise oder sämmtlich an den Enden faul geworden, in anderen Fällen schlecht oder theilweise gar nicht beschnitten; sehr häufig aber waren sie auch in ganz normalem Zustande und hatten sich nur gar keine jungen Saugwurzeln, ja an den Schnittwunden an den Enden der Wurzeln nicht einmal ein Wulst an der innern Rinde zum demnächstigen Austreiben junger Wurzeln gebildet.

Man wird den Erfolg die eingeschlagenen Verfahrens sich nur erklären können, wenn man annimmt, daß ein umgepflanzter junger Baum, gleich den obgedachten Stecklingen, zuerst hauptsächlich durch die Schnittwunden an seinen Wurzeln, und durch diese weit mehr Säfte einsauge als durch die Haarwurzeln, (denen gewöhnlich eine so große Wichtigkeit zur ersten Ernährung des Baums beigelegt wird, die aber erst dann eigentlich wirksam werden können, wenn junge Wurzeltriebe sich aus ihnen entwickeln), ja durch diese Schnittwunden namentlich wenn noch Einschlämmen hinzukommt und nasse Erde sich recht unmittelbar an sie anlegt, sich hinreichend mit Saft anfülle, um zunächst seitliche Wurzeltriebe aus seinen Wurzeln hervorzuschieben, bis demnächst solche auch an den Schnittwunden der Wurzeln hervorbrechen. Ist ein Baum schon im Herbste versetzt, so mag die Wurzel, selbst wenn sie schlecht, oder vielleicht gar nicht beschnitten wäre, während der Wintermonate und gegen den Frühjahrstrieb so viele Verbindungen mit der Erde eingehen, daß ohne Weiteres Säfte genug für Bildung seitlicher Wurzeltriebe vorhanden sind; wiewohl ich meinerseits öfter erfahren habe, das im Frühlinge und selbst oft ziemlich spät versetzte Kernobstbäume und Pflaumen, (Kirschen werden wegen ihres frühen Triebes im Allgemeinen besser im Herbste umgesetzt, wenigstens ausgehoben), besser wuchsen, als im Herbst verpflanzte. Bei meinen schlafend gebliebenen Stämmen, hat wohl theils das nicht gehörig feste Anliegen der Erde an den Wurzeln, theils die Dürre im April und Mai, wie überhaupt die durch längeres Liegen an der Luft geschwächte Lebenskraft der Wurzel diese gehindert, hinreichende Säfte einzufangen, doch aber muß, da sie später auch bei feuchter Witterung und hinreichend getränktem Boden nicht ausgrünten, nach nochmals beschnittener Wurzeln aber in wenigen Tagen kamen, angenommen werden, daß beim Beschneiden und Einpflanzen im Frühlinge die Gefäße und Zellen an den Schnittwunden der Wurzeln, durch längeres Liegen an austrocknender Luft und Sonne, eingeschrumpft und abgestorben, wenigstens ganz verstopft gewesen seyen, die durch das neue Beschneiden der Wurzeln nun wieder geöffnet und zum Einsaugen hinreichender Säfte befähigt wurden. Zugleich sieht man wohl, welches Gewicht auf scharfes und glattes Beschneiden der Baumwurzeln zu legen sey, und wie man gut thut, den Baum nach beschnittenen

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_063.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)