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Wein aus schwarzen Johannisbeeren.

Man zerdrückt die völlig reifen schwarzen Johannisbeeren und läßt den Saft 2–3 Tage an einem kühlen Orte stehen und etwas aufnehmen, bringt dann zu 1 Schoppen Saft 1 Schoppen Wasser und ½ Pfd. Zucker, füllt das Ganze in ein Gefäß, dessen Oeffnung mit Leinwand zugebunden wird und stellt dasselbe 3–4 Wochen in den Keller, um dort langsam die stürmische Gährung durchzumachen. Hierauf wird der Saft durch ein Fließpapier durchfiltrirt und in Flaschen gefüllt, die gut verkorkt werden müssen. In einem kühlen Keller hält sich dieser Wein, ohne einen Bodensatz zu bilden, mehrere Jahre. Der etwas dickflüssige Wein wird beim Genuß für solche denen er zu stark seyn sollte, ähnlich wie der Himbeersaft, nur in minderem Grade, mit Wasser verdünnt und giebt so ein äußerst angenehmes süß weiniges Getränk; der specifische Geschmack der schwarzen Johannisbeeren verschwindet fast gänzlich. Auch durch sein Ansehen empfielt sich dieser Wein, da er ganz die Farbe und das Ansehen des Bordeaux hat.

Stuttgart im September 1854.

Dr. Reuß.



Vermehrung des Weinstocks mittelst krautartiger Zweige.

In der Woche nach Pfingsten d. J. fand ich auf einer Reise bei einem Freunde einen Weinstock, der mich interessirte. Später Rebstöcke davon zu schicken, war weitläuftig und machte ich den Versuch, zwei abgebrochene junge, 8–9 Zoll lange in feuchtes Gras eingewickelte Loden mitzunehmen. Als ich 36 Stunden später die Triebe zu etwaiger Bewurzelung einsetzen wollte, waren die Blätter doch so welk und wollten selbst durch Einsetzen der Triebe in Wasser so wenig wieder frisch werden, daß ich sie lieber sämmtlich entfernte, und die an der Basis horizontal glatt geschnittenen Triebe nun in einen Blumentopf einsetzte und mit diesem in einen gewöhnlichen, nicht künstlich erwärmten, mit Glas bedeckten Ablegerkasten setzte. Sie haben sich nach und nach vollkommen bewurzelt und bis Ende August kleine, 3 Zoll lange Triebe gemacht. Kann man auch dieser Erfahrung größeren praktischen Nutzen nicht beilegen, so bleibt sie doch interessant und kann immer einmal zur Anbringung oder Vermehrung von Weinstöcken nützlich werden.

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)