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Ueber den Sommerschnitt der Fruchtbäume. Von T. Moore. Aus dem Englischen im Auszug übertragen von Herrn Grafen von Palffy.

Man versteht unter Sommerschnitt die Entfernung eines Theiles der jungen Triebe eines Baumes in krautartigem Zustand, von denen eine beträchtliche Anzahl unnöthig erzeugt werden. Es muß diese Operation als eine rein künstliche betrachtet werden, die ihr Vorbild nirgends in der Natur findet. Ihr Zweck ist den von der Pflanze aufgenommenen Saft zu schonen; dasselbe geschieht auch indem die Wurzeln auf einen bestimmten Umkreis beschränkt und genöthigt werden, sich nahe der Oberfläche auszubreiten. Ueberflüssig sind, wie bekannt, zunächst alle am Spalier nach vorn und hinten wachsenden Zweige und alle die welche unregelmäßig und zu gehäuft stehen; es ist klar, daß nach Entfernung derselben der vorhandene Saft sich in die bleibenden Zweige und Früchte ergießt, und deren Größe und Vollkommenheit dadurch befördert wird. Durch die ferner zugleich bewirkte vermehrte Einwirkung von Luft und Licht wird auch das Holz vollkommen zur Reife gebracht; hiebei wird immer vorausgesetzt, daß sich die Wurzeln in gutem Zustand befinden, aber auch nicht im Uebermaße Nahrung zuführen.

Ich will nur die vorzüglichsten Punkte dieser Arbeit beschreiben, die bei den folgenden Arten von Fruchtbäumen anzuwenden sind.

1) Pfirsich. Die Zeit wo bei diesen die Operation beginnt, ist Anfang Mai, wo eine Auswahl unter jenen Trieben getroffen wird, die den Baum regelmäßig mit Tragholz für das nächste Jahr bekleiden und die vorkommenden Lücken gut ausfüllen sollen. Bei diesem ersten Beschneiden (dressing) werden alle jungen Triebe, an deren Basis sich keine Frucht befindet, weggenommen mit der Ausnahme, daß man an den ein Jahr alten Schoßen von 8 bis 14″ Länge außer dem Leitzweig 2 gegenüberstehende Triebe möglichst nah an ihrer Basis stehen läßt und daß man auf dem unter 8″ langen vorjährigen Holz einen solchen Schoß beibehält. Um leere Stellen mit Holz auszufüllen, werden kräftige Triebe, die in der Nähe wachsen, gelassen und dieselben im Juni eingestutzt, wodurch 2–3 Seitenzweige erlangt werden, die gewöhnlich bis zum Herbst ausgereift sind. Nur zu diesen Zweck soll das junge Holz geschnitten, sonst aber in keinem Fall in seinem Wachsthum aufgehalten werden.

Sobald als die Steinbildungsperiode (zugleich der erste Trieb) vorüber ist, werden die Triebe wiederum geordnet, die welche man beibehielt, müssen sorgfältig angeheftet werden, die Zweige welche Früchte an ihrer Basis haben, werden auf ungefähr 3 Augen geschnitten.

Würde dieser Schnitt früher geschehen, so wäre die Steinbildung unterbrochen worden, während jetzt der Saft allein der kräftig wachsenden Frucht zuströmt und deren Wachsthum sehr befördert. Einer der größten Uebelstände bei der Behandlung der Pfirsiche ist die alte und irrige Praxis, zu viele Triebe zu lassen, was nicht nur viele Zeit und Mühe zum Anheften derselben erfordert, sondern unnöthiger Weise den Baum erschöpft und die Früchte beschattet; diese unnützen Triebe müssen daher bei dem nächsten Winterschnitt entfernt werden. Es ist bekannt, daß die Triebe des Pfirsich’s den ganzen Sommer über beobachtet, nach Bedürfniß angebunden und durch das gradere oder schrägere Anheften zu kräftigerm oder schwächerm Wuchs gebracht werden müssen.

In Verbindung mit der Regulierung der Triebe ist das Verdünnen der Früchte, welches sobald dieselben die Größe einer Erbse erreicht, schon vorgenommen wird und wozu man sich einer schmalen und spitzigen Schere bedient. Dieses Verdünnen der Früchte geschieht mehremal; beim ersten werden nur jene, die zu gehäuft beisammen stehen und einander drücken weggenommen. Das zweite geschieht, wenn die Früchte die Größe der Stachelbeeren erreicht, und das dritte am Schluß der Steinbildung. Bestimmte Regeln über die Verdünnung lassen sich nicht geben, im Allgemeinen soll man jungen und schwachen Bäumen weniger Früchte lassen als den starken und kräftigen, und großfrüchtige Sorten stärker verdünnen als kleinfrüchtige.

Aprikosen. Wie bei der Pfirsiche besteht auch hier der Sommerschnitt in der Entfernung unregelmäßiger, überflüssiger und zu üppiger Triebe. Die nöthige Versorgung mit jungem Holz muß auch hier beachtet werden; das Verdünnen der Früchte geschieht bei Aprikosen weniger, doch wenn es geschieht, ist eine frühe Verdünnung sehr anzurathen.

Wein. Bei dem Sommerschnitt des Weines ist es nöthig jene Schosse auszuwählen, die man zur Produktion von Früchten für das nächste Jahr braucht; hierbei ist Rücksicht zu nehmen, daß dieselben gleichförmig auf den ganzen Stock vertheilt sind. Wenn man eine lange Schnittmethode hat, so muß darauf gesehen werden, daß sich diese Triebe in ihrer ganzen Länge ausdehnen können. Alle anderen Triebe können im Wuchs aufgehalten werden und einige Augen über den Trauben

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_071.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)