Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 079.jpg

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Schale: vom Baum grün, in voller Reife etwas gelblich grün, ohne alle Röthe; Punkte fein, weißlich, zahlreich, doch nicht in die Augen fallend; ein kleiner Theil der Frucht ist mit einem etwas rauhen Ueberzug von grünlich-braunem Roste bekleidet, während die übrige Schale glatt ist; der Rost fehlt aber oft gänzlich und solche Früchte erscheinen denn ganz glattschalig.

Fleisch: sehr saftig, beim Kauen rauschend, aber mürbe, honigartig süß; auch die kleineren minder ausgebildeten Früchte sind überaus süß; eigentliches Gewürz fehlt.

Kelchröhre: ein sehr kurzer Kegel.

Reife und Nutzung: Mitte August nach und nach den September durch; die Früchte halten sich nur 8 Tage lang. Dieselben werden hier häufig zum Rohgenuß verwendet und es ist diese Birn zu diesem Zwecke sehr beliebt und daher auch sehr verbreitet: von allen Birnsorten ist sie in Ostpreußen beinahe am allgemeinsten bekannt, daher ist sie hier auch ein vortreffliches Marktobst, und wird in Königsberg wohl in größerer Menge verkauft, als alle übrigen Birnsorten zusammengenommen. Obwohl ohne Gewürz (oder vielleicht eben darum) wird sie besonders gern gegessen und häufig dem feinern Obste vorgezogen. Sie ist auch zur wirthschaftlichen Verwendung vorzüglich, und wegen ihrer Süßigkeit sowohl zum Frischkochen, wie als Dörrobst höchst werthvoll, obwohl sie bei ihrer Kleinheit allerdings ziemliche Arbeit beim Schälen macht. Wie sie sich zum Mosten eigne, darüber fehlt hier wohl die Erfahrung, da diese Benutzungsweise des Obstes, wenn überhaupt vorkommend, doch jedenfalls in unserer Provinz selten seyn dürfte; es wäre aber anzunehmen, daß sie bei ihrem vielen und sehr süßen Saft auch reichlichen und starken Obstwein geben müßte.

Eigenschaften des Baumes: Wuchs sehr gut; schon in der Jugend sind die Bäume durch starken Trieb ausgezeichnet, sie werden sehr hoch und stark und bilden umfangreiche, reichbelaubte Kronen; die Bäume werden alt und sind auch im Alter fast niemals Krankheiten unterworfen. Die Tragbarkeit dieser Birnsorte ist sehr gut, beinahe alljährlich und oft sehr reich.

Es gehört dennoch diese Birne nach der Eintheilung von Lucas in Klasse I., Ord. 2., Unt.-Ord. b. oder zu den Länglichen Sommerbirnen mit mürbem Fleisch und unvollkommenem Kelch.

Bei dem Werthe dieser Frucht ist es mir überraschend gewesen, daß dieselbe anderweitig sowenig bekannt zu seyn scheint. Es wäre allerdings noch eine Möglichkeit, daß sie unter einem andern Namen angepflanzt würde; ich habe jedoch weder weiterhin in Deutschland die Frucht selbst, noch auch in den mir zugänglichen pomologischen Werken eine derselben entsprechende Beschreibung gefunden. Biedenfeld in seinem neuerschienenen „Handbuch aller Obstsorten“ führt allerdings 4 Birnsorten unter diesem Namen an, alle 4 scheinen aber andere Birnen zu seyn. Die erst angeführte oder Honey pear (Seite 16) ist gelb und roth, unsere Birne stets grün; die zweite oder Poire de perle hat gelbliche, zuweilen braunröthliche Schale und nicht sehr saftiges Fleisch und der Baum schwachen Wuchs, während der hiesige, selbst im nördlichen Klima ausgezeichnet stark wird. Die dritte Sorte heißt auch Orange rouge, ist nicht reichtragend, mit zerstreut durchsichtiger Krone, hat an der Sonnenseite helleres und dunkleres Roth und dauert 4 Wochen aus, Alles im Widerspruche mit unserer obigen Beschreibung. Die vierte od. Rousselet de Rheims paßt am allerwenigsten, ist größer, länger, gelb,

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_079.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)