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süßer als gewöhnlich und reiften 14 Tage früher als sonst; schon zu Anfang September begannen sie den Markt zu füllen; wurmstichige Früchte findet man selten. Die Wangenheimspflaume, die Augustzwetsche, die Reneclaude und die Mirabelle, die große englische Zwetsche hielten die gewöhnliche Reifzeit.




Weißes Apfelgelee.

Man nimmt Borsdorfer, Reinetten oder Stettiner, schneidet die Kernhäuser heraus, die Aepfel selbst in dünne Scheiben und gießt so viel Wasser darauf, daß es übersteht. Hierauf setzt man sie auf das Feuer, läßt das Wasser langsam bis zur Hälfte einkochen, schüttet dann die Aepfel auf ein Sieb und läßt sie rein ablaufen. Auf ein Quart des gewonnenen Saftes nimmt man ¾ Pfd. geläuterten Zucker, läßt ihn aufkochen, schäumt ihn fleißig und kocht ihn langsam ein bis zur Probe.

Pf. Koch in Friemar.




Obstliqueur.

Einen ganz vortrefflichen Obstliqueur bereitete ich mir in dem obstreichen Jahre 1847 auf folgende ganz einfache Weise. Ich nahm süßen Birnmost, frisch von der Presse hinweg und versetzte denselben mit Obstbranntwein, den ich mir aus Birntrebern selbst gebrannt hatte. Zu 1 Maas süßen Birnsaft kam 1 Maas Branntwein. Um den eigenthümlichen Obstgeschmack zu decken und dem Getränk ein angenehmes Arom zu geben, wurden zu 2 Maas Flüssigkeit (Branntwein und Birnsaft) 15–20 Tropfen in etwas Alcohol aufgelöstes Pfeffermünzöl beigemischt. Das Ganze wurde gut durchgeschüttelt und blieb ruhig stehen, bis es sich klärte. Eine Gährung findet nicht Statt und soll vielmehr auch nicht stattfinden, da der Branntwein hinlänglich Geist liefert und der Birnmost, um die Stelle des Zuckers zu ersetzen, süß bleiben muß. Nachdem sich die schleimigen Bestandtheile des Birnsaftes ausgeschieden, wird der fertige Liqueur abgezogen oder auch durchfiltrirt. Um diesen schleimigen Inhalt des Birnsaftes, der größtentheils aus Pflanzeneiweiß besteht, schon von vorn herein zu entfernen, darf man nur den noch ganz süßen Birnsaft auf 65° R.[WS 1] erhitzen und das dadurch gerinnende Eiweiß abschäumen. Dieser Obstliqueur mundet selbst Feinschmeckern vortrefflich und Niemand erräth, daß er zur Hälfte aus Birnsaft besteht; er ist noch jetzt sehr delikat. Es wird nicht nöthig seyn zu bemerken, daß sich ein solcher Liqueur viele Jahre lang aufbewahren läßt.

Stuttgart im Dezember 1854.

Dr. Reuß.




Anmerkungen (Wikisource)

  1. = 81,25 °C
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_106.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)