Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 110.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ungünstige geschildert und durch Zeichnungen verdeutlicht. Besonders belehrend sind die Tafeln, die die verschiedenen Spalierformen ausgebildet darstellen und zwar die eine Seite in ihrem Zustand unmittelbar nach dem Winterschnitt, die andere, wie sich der Baum im Lauf des Sommers gestaltet und ausbildet und wie die Triebe gestellt werden müssen. Die §. 114. angegebene „Neue Methode zur frühern Ausbildung der Bäume“ wäre gewiß einer weitern Beachtung werth und dürfte eine besondere Erwähnung in diesen Blättern finden. So ist auch „der schiefgezogene Pfirsichbaum“ als eine bei uns noch wenig bekannte Erziehungsform, welche die Pariser Pfirsichzüchter in neuester Zeit in ausgedehntem Grade anwenden, hervorzuheben. Man setzt junge einruthige Pfirsichbäumchen nur 2½′ entfernt von einander an die Mauer und gibt ihrem einzigen Mutterast eine Neigung von 45°; Glieder oder Seitenäste werden nicht erzogen, sondern zur Rechten und Linken die kleinen Zweige (das Fruchtholz) ausgebreitet. Für mittelmäßigen Boden soll diese Methode mehr Empfehlung verdienen als in gutem, wegen dem da stattfindenden schwächeren Trieb der Bäume; jedenfalls erhält man auf diese Weise, ohne eine Lücke, eine Mauer von 9–12′ schneller mit Pfirsichen bezogen, als auf irgend eine andere Methode, und außerdem sollen die so gezogenen Pfirsiche überaus fruchtbar sein. Uns scheint diese Methode die leichteste von allen.

Ebenfalls sehr instructiv ist die Erziehung des Weinstocks in Gärten; es ist sowohl die an Spalieren, nach dem Winkelschnitt, wie freistehend und als Palmette angegeben.

Der Schnitt der Obststräucher bildet den Schluß dieser Abtheilung und enthält ebenfalls manches Neue und Empfehlenswerthe. Weniger Werth hat Abth. III. Einfluß der Wildlinge und der Veredlung auf den Schnitt, denn diese enthält manche Angaben, die die Praxis der deutschen Gärtner sicher widerlegen kann. Auch das den Schluß bildende Verzeichniß von den vorzüglichsten zu erziehenden Obstsorten läßt dem Pomologen manches zu wünschen und zu bemerken. Dies thut aber dem Werth des in Rede stehenden Buchs lediglich keinen Abbruch, denn die Hauptaufgabe, eine gründliche und klare Anweisung zum Baumschnitt ist in jeder Hinsicht vollkommen erreicht.

Wir wünschen diesem Buch, welches Jäger seinem Freunde, dem Garteninspector Lucas, gewidmet, „dem thätigen Beförderer der Obstbaumzucht, durch Beispiel, Schrift und Wort“ die weiteste Verbreitung und fleißige Benutzung, besonders von Seite unserer jungen Gärtner, die das von Jäger in der Vorrede Gesagte wohl beherzigen mögen, und fühlen uns schließlich gedrungen, Herrn Hofgärtner Jäger den besten Dank zu sagen für die klare und concise Bearbeitung dieser Schrift.

H.



Mittheilungen und Notizen u. s. w.
Pomologische Notizen aus Schlesien.

Die Sektion für Obst- und Gartenbau, ein Zweig der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, hat in neuerer Zeit die Aufgabe, für den Obstbau in Schlesien zu wirken, schärfer in’s Auge gefaßt und zu dem Zweck im Januar v. J. durch Ausschreiben an Geistliche, Landräthe, Gutsbesitzer u. s. w. aufgefordert, der Sektion beizutreten und sowohl Berichte über den Zustand des Obstbaus in der betreffenden Gegend, als auch Früchte zu den Ausstellungen einzusenden. Der Erfolg ist ein nicht ungünstiger gewesen. Zum Frühjahr wurden dann 1261 Edelreiser von 80 Apfelsorten an 46 Mitglieder, und 569 Birnreiser von 44 Sorten an 45 Mitglieder vertheilt, mit der Bitte, die noch nicht cultivirten Sorten zunächst auf ältere Bäume zu pfropfen und seiner Zeit über den Werth der Früchte zu berichten, oder dieselben einzusenden. – Im Herbst eine Ausstellung zu veranstalten, schien wegen der ungünstigen Verhältnisse überhaupt, namentlich wegen der Ueberschwemmung nicht rathsam. – In der Versammlung vom 22. November wurde berichtet über zwei von Mitgliedern aus der Provinz eingesandte Schriftstücke. Das eine aus der Gegend von Pleß gibt an, daß dort, wo der Boden eine sehr feste, undurchdringliche Unterlage hat, veredelte Stämme nicht gedeihen, während Wildlinge vortrefflich wachsen und ein hohes Alter erreichen. Die Früchte dieser Wildlinge sollen dem edeln Obst an Güte fast gleich kommen. Der Einsender, veranlaßt durch einen Aufsatz im Buch der Welt[WS 1], fragt an, ob man nicht Samen erhalten könne, aus dem nur edle Obstsorten erwachsen, und wo derselbe zu haben sey. Es liegen die Gutachten von vier Mitgliedern vor, die, wenn auch im Einzelnen von einander abweichend, doch darin übereinstimmen, daß es solchen Samen trotz den Behauptungen des Herrn van Mons nicht gibt. Es kann nicht bezweifelt werden, daß bei richtiger Behandlung da auch veredelte Stämme fortkommen, wo Wildlinge so gut geheihen,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. L. Landdeck: Die Erzeugung neuer Obstsorten aus Samen. In: Das Buch der Welt. Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung, Stuttgart 1843, S. 366–369 Google
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)