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steht. Ueberhaupt getraue ich mir nicht, einen allgemein gültigen Unterschied zwischen Apfel und Birne, rücksichtlich der Form, anzugeben, obschon mir allerdings noch keine Birne vorgekommen ist, welche am Kelche zulaufender als am Stiele (zugespitzt) apfelförmig gewesen wäre, wohin sich jedoch die Whitfield sehr zu neigen scheint. Auch ist mir kein Apfel bekannt, der am Kelch gar nicht eingedrückt wäre, oder mit anderen Worten, dessen Kelch in keiner Vertiefung, sondern oben aufstünde, wie dieses bei den Birnen doch nicht selten vorkommt.

Dagegen finde ich den schon von Reum angegebenen Unterschied hinsichtlich der harten und weichen Bälge, oder, wie ich lieber sagen würde, der pergamentartigen Kernhauswände der Aepfel und der häutigen Bälge oder Säckchen der Birnen, wohlbegründet, und werde mich darüber weiter unten noch näher aussprechen, sowie über das hinsichtlich der Frucht der Quitte angegebene einzige Merkmal der vielsamigen Fruchtfächer, während der Birne und dem Apfel nur 2samige Fruchtfächer zugeschrieben werden.

Sieht man sich nun in den pomologischen Schriften um, so findet man über den vorliegenden Gegenstand, nämlich den Unterschied zwischen Apfel, Birne und Quitte, in den meisten gar nichts und nur in einigen wenigen ist darauf Rücksicht genommen, und einiges hierher Gehörige erwähnt, dessen wir weiter unten gedenken werden.

Es kann füglich dahingestellt bleiben, ob unsere dermaligen edlen Kernobstsorten wirklich von den, dermalen von den Botanikern als wild aufgeführten Arten abstammen, oder ob die Urstämme derselben, sowie die Mutterpflanzen so vieler unserer Culturgewächse und die Urarten unserer Hausthiere nicht mehr bekannt sind (vgl. Sickler Geschichte der Obstcultur Bd. 1. S. 96. und 192. f. zugleich aber auch Wallroth Geschichte des Obstes der Alten. S. 4 fol.); immer ist so viel richtig, daß die ursprüngliche Form und der Geschmack unserer Kernobstsorten, namentlich der Aepfel und Birnen durch die Cultur (Klima, Boden, Düngung, Pflege etc.) so verändert worden sind, daß die Urform, sowohl im Blatt, als in der Frucht, kaum mehr zu erkennen ist, und die äußersten Gegensätze selbst der edlen Sorten der Aepfel und Birnen, z. B. eines Orangenpeppings und eines Gelben Winter- oder Rothen Herbst-Calvills, einer Runden Sommer-Bergamotte und einer Alexander, auf den ersten Anblick kaum als zu einer Art gehörige Früchte erscheinen. Da dieß aber doch der Fall ist, so müssen doch gewisse Eigenheiten den sämmtlichen Aepfel-, andere den sämmtlichen Birnensorten zukommen, beide aber dadurch auch sich von einander unterscheiden. – Solche unterscheidende Merkmale finden sich auch allerdings und zwar:

1) in der Verschiedenheit des Samengehäuses (Kernhauses);
2) in der Zahl der Samenkerne in den Fächern;
3) in der Verschiedenheit der Textur des Fleisches, und
4) in der Verschiedenheit der Schale (Haut) der Frucht.

Zu 1. Das Samengehäuse des Apfels besteht nämlich aus einer vollständig 5fächrigen Kapsel, deren regelmäßig um die Axe der Frucht gestellte mit einander verbundene Fächer, von zwei gebogenen, nach Außen im scharfen Winkel zusammenstoßenden, ohrförmigen, harten, oder vielmehr pergamentartig bekleideten Wänden gebildet werden, also im

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_128.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)