Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 145.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gefärbt, und vom natürlichen Geschmack, so daß der Versuch als ganz entsprechend, und allen Anforderungen vollkommen genügend betrachtet werden muß. Bei zwei oder drei Trauben, bei denen die obersten Beeren zwischen dem alten Holz und den Zweigen versteckt waren und daher nur theilweise in’s Leimwasser getaucht werden konnten, sah man deutlich die Spuren der Krankheit, und bei den nicht eingetauchten, welche an derselben Rebe neben den gesunden hingen, trat die Krankheit furchtbar auf; so, daß man mit vollster Gewißheit die Ueberzeugung gewinnt, daß nur allein dem Leimwasser die Rettung dieser prachtvollen 14 Trauben zugeschrieben werden muß. Es stellt sich zugleich heraus, daß das einmalige Eintauchen in’s Leimwasser vollkommen genügte, wenn es nur zu einer Zeit erfolgt, wo die Krankheit noch nicht die letzten Stadien erreicht hat.

Die Kosten sind unbedeutend, und die Mühe klein, denn eine Person mit einem kleinen der Größe der Trauben angemessenen mit Leimwasser gefüllten Trichter stößt des Tags viele 100 Trauben in dasselbe, besonders in unserer Gegend, wo sie an den bogenförmigen Geländen senkrecht herunterhangen. In den Gegenden, wo der Bau an Stöcken betrieben wird, und die Trauben nahe an der Erde hängen, ist es etwas mühsamer, allein der die Calamität der Krankheit erfahren, läßt sich leicht diese Mühe gefallen. Noch schweben mir jene schöne Trauben des Dr. Vulkan vor, die ich etliche Wochen lange aufbewahrte, und die Alle, die sie sahen, in’s Staunen setzte.

Möge dieser gelungene Versuch Allen zur Belehrung und Nachahmung dienen.

Vielleicht ist es ein Schritt näher, auch die Rebe vor der Krankheit zu bewahren, denn alle bisher angerathenen Mittel, Schwefelblüthen, Blasbälge, Steinkohlen-Theer, Schwefelsäure und wie sie alle heißen, sind wirkungslos und rein unpraktisch; dagegen brachte der Leim eine so großartige staunenswerthe Wirkung hervor, daß der Name des Entdeckers in allen Ländern gepriesen zu werden verdient.


Kaltflüssiges Baumwachs.

Es ist kein Zweifel, daß, wenn wir beim Veredeln anstatt in der Propfpfanne erwärmtem, also warmflüssigem Baumwachs oder Harz, ein solches anwenden, welches durch ein bald verdunstbares Lösungsmittel aufgelöst, kaltflüssig aufgetragen werden kann, dies von sehr großer Wichtigkeit ist. Ich nahm bei Beginn des Winters gewöhnliches Fichtenharz, welches ich zerstoßen in ein Glas füllte und that nun soviel Spiritus zu, daß das Harz zu einer dickflüssigen Masse, ungefähr zur Syrupconsistenz, aufgelöst wurde. Es war nur wenig Spiritus hierzu nöthig. Ich wendete dieses kaltflüssige Baumwachs bei einer Anzahl im Dezember 1854 in der Stube veredelter Apfelbäumchen an und um einen baldigen Erfolg zu sehen, wurden eine Anzahl derselben im Zimmer gehalten. Es wuchsen alle Reiser sehr schön und stehen jetzt (3. März) schon grünend da, auch zeigt sich der Callus, dessen Verwachsen sich unter der dünnen Harzschicht gut beobachten läßt, sehr vollkommen und noch ist nichts von der Harzschicht weggesprungen. Im Freien wird es aber wohl nöthig werden, um der sehr dünnen Harzdecke etwas mehr Zähigkeit zu geben, der Harzlösung etwas Terpentin beizumengen. Weitere Erfahrungen werde ich später mittheilen, bitte aber,

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)