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III. Pomologische Literatur.

Handbuch aller bekannten Obstsorten, nach den Reifzeiten alphabetisch geordnet, mit möglichst vollständiger Angabe ihrer deutschen und ausländischen, wissenschaftlichen und vulgären Namen etc. von Freiherrn Ferd. v. Biedenfeld. – 1. Bd. Birnen. Jena bei Frommann 1854.[WS 1]

Nachdem in neuerer Zeit durch die Kernzuchten und das Sammeln schätzbarer Obstsorten aus allen Gegenden und Ländern theils wirklich die Zahl der vorhandenen Obstsorten außerordentlich gestiegen ist, theils recht oft für schon benannte Früchte, bald aus Unkunde des rechten Namens, bald weil Baumschulenbesitzer ihre Rechnung dabei fanden, neue Namen aufgekommen sind, reichen die Schriften unserer bisherigen classischen Pomologen zur Uebersicht der Gesammtheit der bekannten Früchte und der Synonymen nicht hin, und ist ein Werk, wie das vorliegende, für forschende Pomologen dringendes Bedürfniß geworden. Der verehrte Herr Verfasser denkt über sein Werk sehr bescheiden, das er nur als den Anfang eines endlich doch in dieser Angelegenheit zu machenden Anfangs bezeichnet; wer es aber zu beurtheilen vermag, welche außerordentliche Mühe und Arbeit ein Buch, wie das vorliegende verursacht, und wie namentlich in der Synonymik sich oft unentwirrbare Schwierigkeiten entgegenstellen, der wird gestehen, daß hier schon Beträchtliches geleistet sey, und wollen wir daher mit warmem Danke das Geleistete und Gegebene hinnehmen und möglichst zu benützen suchen.

Schon die Einleitung enthält gar manches ernste und zu beherzigende Wort über den jetzigen Standpunkt der Obstkunde und des Obstbaus und die Hindernisse eines gehörigen Fortschritts in beiden.

Der Herr Verfasser sagt darüber, um seine Ansichten kurz wiederzugeben folgendes:

Wir leben in Obstkunde und Obstbau noch im Zustande des Chaotischen, ja werden erdrückt von der täglich wachsenden Zahl von Obstsorten, verblendet von den emphatischen Beschreibungen aller dieser Herrlichkeiten, während wir noch an den ordinärsten Obsten herumkauen müssen.

Wir cultiviren der Obstsorten viel zu viele, und darunter, wie es in der Welt zu gehen pflegt, häufig vorzugsweise noch die geringeren, was eigentliche Liebe zur Obstcultur nicht aufkommen läßt, und häufig selbst die Staatsbehörden stutzig macht. – Wir leiden ferner noch viel zu sehr an chaotischem Wuste von vielerlei Benennungen der Obste, so daß selbst der Obstgelehrte oft mit Zuverläßigkeit nicht mehr weiß, welche Namen einer Obstsorte zukommen, und welche nicht. Die letzten Versammlungen deutscher Pomologen haben das Vorhandenseyn dieser täglich sich steigernden Uebel laut anerkannt und deren Beseitigung als dringende Nothwendigkeit erklärt. Sie haben die Arbeit begonnen; ob sie aber bei dem leidigen Geiste des Separatismus und Provincialdünkels gemeinsam dabei beharren können und werden, ist eine eben so große Frage, als die, ob sie auf dem bisherigen Wege in einem halben Jahrhunderte an ihr Ziel zu gelangen hoffen dürfen. –

Daß diese Ansichten und das hier aufgestellte Bild unserer pomologischen Zustände im Ganzen zutreffend sind, wird kein Kundiger in Abrede stellen, wenn gleich wir hinzusetzen wollen, daß es eigentlich eine zu hochgespannte Forderung und fromme Ungeduld ist, wenn

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Handbuch aller bekannten Obstsorten. Friedrich Frommann, Jena 1854
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_147.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)